Das Betriebliche Eingliederungsmanagement - Wie es funktionieren kann und welche Mitbestimmungsmöglichkeiten der Betriebsrat hat
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Betriebliches Eingliederungsmanagement – Rechte des Betriebsrates

Wenn ein Arbeitnehmer länger als 6 Wochen im Jahr krank war, dann muss der Arbeitgeber Gespräche zur betrieblichen Wiedereingliederung führen und gegebenenfalls Maßnahmen entwickeln, um einen erneuten Ausfall vorzubeugen. Das betriebliche Eingliederungsmanagement (BEM) liegt zwar als Hauptaufgabe beim Arbeitgeber – Sie als Interessenvertretung haben aber die Aufgabe, dies zu überwachen. Wir haben uns den wichtigsten Fragen rund um das Theme "Betriebliches Eingliederungsmanagement" gewidmet.

Was ist BEM?


Das Betriebliche Eingliederungsmanagement (BEM) verpflichtet den Arbeitgeber mit jedem Arbeitnehmer, der länger als 6 Wochen zusammenhängend oder wiederholt im laufenden Jahr arbeitsunfähig ist, ein Gespräch zur Wiedereingliederung in die Arbeit zu führen.

(Grundlage im Sozialgesetzbuch IX § 167 Absatz 2)

BEM – nur etwas für Menschen mit Schwerbehinderung?


Das BEM ist nicht nur bei Menschen mit Schwerbehinderung durchzuführen. Vielmehr ist der Arbeitgeber immer verpflichtet, ein BEM durchzuführen. Denn das Ziel des BEM liegt in der Verhinderung zukünftiger Erkrankungen bzw. einer Verschlechterung des Gesundheitszustandes des betroffenen Arbeitnehmers.

Welche betrieblichen Stellen sind bei einem BEM zu beteiligen?


Teilnehmer an diesem Gespräch können der Arbeitgeber, die Interessenvertretung (BR oder PR), der Betriebsarzt und bei Vorliegen einer Behinderung die Schwerbehindertenvertretung und das Integrationsamt sein. Bei Jugendlichen und Auszubildenden die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, könnte auch die JAV teilnehmen, wenn dies in einer Betriebsvereinbarung so geregelt ist.

Änderungen beim BEM seit 2021


Mit dem Teilhabestärkungsgesetz vom 02.06.2021 wurde das SGB IX ergänzt: „Beschäftigte können eine Vertrauensperson eigener Wahl hinzuziehen.“ Das kann – wie bisher – ein Mitglied des Betriebsrats/Personalrats sein, aber auch ein Arbeitskollege oder eine betriebsfremde Person sein, z. B. ein Familienangehöriger, guter Freund oder Rechtsanwalt. Wichtig dabei ist, die Vertrauensstellung muss per Vollmacht nachgewiesen werden. Kosten die durch das Hinzuziehen der Vertrauensperson entstehen, sind vom Beschäftigten zu tragen.

Weitere Informationen und Regelungen zu den Neuerungen finden Sie in folgendem Artikel: Neuerungen beim Betrieblichen Eingliederungsmanagement (BEM)

Mitarbeiterdatenschutz vs. Rechte des Betriebsrates


Gemäß § 167 Abs. 2 Satz 7 SGB IX ist der Betriebsrat damit beauftragt zu überwachen, dass der Arbeitgeber seine ihm obliegenden Verpflichtungen – in diesem Fall die Durchführung eines BEM – wahrnimmt. Dies kann er natürlich nur dann, wenn er vom Arbeitgeber über die längere Erkrankung des Mitarbeiters informiert wird. Wünscht der Arbeitnehmer aber die Weitergabe dieser Information nicht, stellt sich die Frage, ob der Mitarbeiterdatenschutz weitaus schwerer wiegt, als das Recht des Betriebsrates auf Information zu möglichen BEM-Maßnahmen.

Das BAG hat dazu entschieden (Beschluss vom 07.02.2012), dass die Kontrollrechte des Betriebsrates in diesem Fall bedeutender sind, als der Arbeitnehmerdatenschutz. Dennoch hat der Betriebsrat dann lediglich das Recht auf eine allgemeine Auskunft über die Fehlzeiten des Arbeitnehmers und kann einen Nachweis vom Arbeitgeber verlangen, dass dieser den Mitarbeiter zur Durchführung eines BEM aufgefordert hat.

Wird ein BEM durchgeführt, ist dieses schriftlich zu dokumentieren. Die Einwilligung zur Datenerhebung bezieht sich ausschließlich auf das BEM. Die so angelegte Akte muss zudem separat von der Personalakte aufbewahrt werden.

Außerdem sollte klar sein, dass die Akteure des BEM zur Schweigepflicht verpflichtet sind. Die strafrechtliche Konsequenz von Freiheitsstrafen bis zu einem Jahr oder einer Geldstrafe bei Verletzung der Schweigepflicht gilt ebenso für Betriebsräte (§ 120 BetrVG) und für Vertrauenspersonen von Schwerbehinderten Menschen nach § 237  SGB IX.

Des Weiteren besteht hier natürlich der Grundsatz, dass der Arbeitnehmer keine Auskunft zu seiner Krankheit geben muss. Ebenfalls ist der Betriebsarzt an die Schweigepflicht gebunden. Der Arbeitgeber hat nach einer angeordneten betriebsärztlichen Untersuchung lediglich einen Anspruch darauf zu erfahren, ob der Arbeitsplatz für den Arbeitnehmer geeignet oder ungeeignet ist. Mehr zu diesem Thema „Was nun? Ich muss zum Betriebsarzt“ lesen Sie auch >> hier

Darf der Arbeitnehmer das BEM ablehnen?


Eine Teilnahme des Arbeitnehmers ist immer freiwillig. Dennoch sollte der Arbeitnehmer gut überlegen, ob er das vom Arbeitgeber vorgeschlagene BEM ablehnt. Denn damit hat der Arbeitgeber seine Pflicht erfüllt und hätte u. U. ein leichteres Spiel, eine krankheitsbedingte Kündigung auszusprechen und vor Gericht durchzusetzen.

Was wird bei diesem Gespräch besprochen?


Ziel dieses Gespräches ist die Prüfung von Möglichkeiten technischer und organisatorischer Art zur Wiedereingliederung in den Arbeitsprozess und/oder der möglichen Vermeidung erneuter Arbeitsunfähigkeit.

Welche rechtlichen Konsequenzen drohen dem Arbeitgeber bei Nichtdurchführung eines BEM?


Sind Arbeitnehmer kontinuierlich über einen längeren Zeitraum erkrankt, kann es vorkommen, dass der Arbeitgeber eine krankheitsbedingte Kündigung ausspricht. In einem Kündigungsschutzprozess muss der Arbeitgeber dann aber nachweisen, dass er im Vorfeld der Kündigung ein BEM angeregt oder durchgeführt hat. Hat er das nicht getan, kann die Kündigung durchaus als unwirksam erklärt werden. Eine rechtlich geregelte Sanktion für den Arbeitgeber gibt es allerdings nicht. Allerdings sahen es die Richter des BAG als notwendig an, dass dem Arbeitgeber negative rechtliche Folgen drohen, wenn er kein BEM durchführt. In einem Kündigungsschutzprozess hat er eine erheblich höhere Beweis- und Darlegungslast in Bezug auf die betrieblichen Auswirkungen der krankheitsbedingten Fehlzeiten. Zudem wird ein Nachweis über das Fehlen möglicher alternativer Einsatzmöglichkeiten des Erkrankten ohne Durchführung des BEM sehr schwer und die krankheitsbedingte Kündigung scheitert in den meisten Fällen.

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Stand der Informationen: 2021

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