Unangemessene Verlängerung der Kündigungsfrist im Arbeitsvertrag AGB Kontrolle

Unangemessene Verlängerung der Kündigungsfrist im Arbeitsvertrag

Wird vom Arbeitgeber die Kündigungsfrist für den Arbeitnehmer im Arbeitsvertrag erheblich verlängert, stellt das eine unangemessene Benachteiligung i. S. v. § 307 Abs. 1 BGB dar, wenn die Frist in gleicher Weise für Kündigungen des Arbeitgebers gilt.

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Der Fall: Mehr Geld, aber Kündigungsfrist von drei Jahren

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In diesem Fall war der Arbeitnehmer als Speditionskaufmann seit 2009 für die Klägerin tätig. Er arbeitete 45 Stunden pro Woche für 1.400 Euro brutto Arbeitslohn. Im Juni 2012 wurde zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber eine vorformulierte Zusatzvereinbarung unterzeichnet. Diese sah eine Anhebung des Bruttogehaltes auf 2.400 Euro pro Monat mit zusätzlicher Steigerung von 400 Euro bei einem monatlichen Reinerlös von 20.000 Euro vor. Eine weitere Erhöhung wurde bis Mai 2015 ausgeschlossen und sollte dann eventuell wieder aufgestockt und wieder auf 2 Jahre festgelegt werden. Außerdem wurde die Kündigungsfrist auf drei Jahre zum Monatsende verlängert.

Als Kollegen des Beklagten bemerkten, dass auf den Dienst-PCs das Programm „PC Agent“ installiert wurde, welches präzise die Nutzung des PCs dokumentiert und der Arbeitnehmerüberwachung dient, kündigten sechs Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis am 27.12.2014 zum 31.05.2015. Darunter auch der Beklagte. Die Arbeitgeberin klagte nun auf Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis mit dem Beklagten bis zum 31.12.2017 fortbesteht.

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Das Urteil: Vorformulierte Kündigungsfrist entgegen Treu und Glauben

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Sowohl das Sächsische LAG als auch die Richter des Sechsten Senats des BAG wiesen die Klage ab. Nach Auffassung der Richter steht die Verlängerung der Kündigungsfrist entgegen dem Gebot von Treu und Glauben i. S. v. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB und benachteiligt den Arbeitnehmer unangemessen.

Zwar hält diese vorformulierte Kündigungsfrist die Grenzen des § 622 Abs. 6 BGB und des § 15 Abs. 4 TzBfG ein, ist aber wesentlich länger als die gesetzliche Regelfrist des § 622 Abs. 1 BGB. Dadurch entsteht dem Arbeitnehmer eine unangemessene Beschränkung der beruflichen Bewegungsfreiheit.

Diese Benachteiligung des Arbeitnehmers würde auch nicht durch die vorgesehene Gehaltserhöhung aufgewogen, zumal die Zusatzvereinbarung das Vergütungsniveau langfristig einfror.

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BAG – 6 AZR 158/16, Urteil vom 26.10.2017

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Kleiner Exkurs: Der Arbeitsvertrag und die AGB-Kontrolle

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Seit dem 01.01.2003 gilt für alle Arbeitsverträge, dass sie dem AGB-Recht (§§ 305-310 BGB) unterliegen. Dies gilt allerdings nur für Arbeitsverträge, die vom Arbeitgeber vorformuliert sind. Tarifverträge oder Betriebsvereinbarungen gehören nicht dazu. Dabei kann nicht pauschal von der Anwendung der §§ 308, 309 BGB ausgegangen werden. Vielmehr sind es Einzelfallentscheidungen unter Berücksichtigung der aktuellen Rechtsprechung. Denn das Arbeitsrecht hat viele Besonderheiten, die bei einer AGB-Prüfung hinzugezogen werden müssen. Formulararbeitsverträge unterliegen aber auch dann einer beschränkten Inhaltskontrolle nach AGB-Recht, wenn sie nur zur einmaligen Verwendung bestimmt sind und der Arbeitnehmer aufgrund der Vorformulierung keinen Einfluss auf ihren Inhalt nehmen konnte. Heißt also, auch wenn ein Arbeitsvertrag einzeln mit dem Arbeitnehmer ausgehandelt wurde, gilt bei Verwendung von vorformulierten Klauseln die AGB-Kontrolle. Denn die Rechtsprechung sieht hier den Arbeitnehmer in der Rolle des Verbrauchers, welcher unter einen besonderen Schutz gestellt wird.

Wird ein Verstoß bei einer AGB-Inhaltskontrolle im Arbeitsvertrag festgestellt, so wird die betreffende Klausel unwirksam. Der Arbeitsvertrag an sich bleibt weiterhin bestehen.

Folgende Verstöße können bei einer AGB-Inhaltskontrolle vorkommen:

  • Verweisung auf orts- oder branchenfremden Tarifvertrag
  • Verbot der Leistungsverweigerung des Arbeitnehmers
  • Verbot der Aufrechnung
  • Haftungsausschluss für grobe Fahrlässigkeit
  • Zwingender Übergang bei Arbeitgeberwechsel
  • Umkehrung der Beweislast auf den Arbeitnehmer in Bezug darauf, dass er beweisen muss, dass er eine Pflichtverletzung aus dem Arbeitsvertrag nicht zu vertreten hat