Zustimmungsverweigerung des Betriebsrates bei Einstellungen – Was ist zu beachten
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Zustimmungsverweigerung des Betriebsrates bei Einstellungen – Was ist zu beachten?

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„Wir brauchen Arbeitskräfte, aber der Betriebsrat hat die Zustimmung zur Einstellung verweigert!“ Solche Sätze fallen gelegentlich unter den Arbeitnehmenden und sorgen immer wieder für Missstimmung zwischen Belegschaft und Betriebsrat. Auch der/die Arbeitgeber:in kann und will häufig nicht verstehen, warum der Betriebsrat sich gegen Einstellungen verwehrt. Steht nun der Betriebsfrieden auf dem Spiel oder wird gar die im § 2 BetrVG geforderte vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber:in und Betriebsrat erschüttert?

Dabei würde Transparenz durch Aufklärung der Belegschaft - von beiden Seiten - für mehr Verständnis und mindestens für Toleranz sorgen.

Das Vetorecht bei personellen Einzelmaßnahmen (PEM) im Rahmen des § 99 BetrVG – also bei Einstellungen und Versetzungen, Ein- und Umgruppierungen – beinhaltet klare Vorgaben, unter welchen Voraussetzungen ein Betriebsrat bei solchen Maßnahmen die Zustimmung verweigern kann. Willkürliche Entscheidungen von Betriebsräten sind somit nicht zulässig: Die Zustimmungsverweigerung ist nur möglich, wenn mindestens eine von sechs möglichen Voraussetzungen erfüllt ist. Diese sind vom Gesetzgeber – in Form einer abschließenden Aufzählung – vorgegeben.

Der § 99 BetrVG


§ 99 BetrVG beinhaltet das Vetorecht als Recht des Betriebsrates. Dieses ist deutlich „stärker“ als ein Mitwirkungsrecht, wo es um Informations-, Anhörungs- und Beratungsrechte geht.

Des Weiteren benennt dieser Paragraf, wo das Vetorecht konkret genutzt werden kann – nämlich bei Einstellung, Ein- und Umgruppierung und Versetzung.

Folglich darf der Betriebsrat die Zustimmung zu einer geplanten Maßnahme nach diesem Paragrafen verweigern, wenn mindestens ein gesetzlicher Grund aus § 99 BetrVG vorliegt, er diesen klar benennt und begründet.

Personalbedarf vs. Zustimmungsverweigerung bei Einstellung


Der Betriebsrat soll mit seinem Mitbestimmungsrecht dafür sorgen, dass weder einzelne Arbeitnehmende noch Teile der Belegschaft Nachteile „erleiden“. Möglicherweise muss er sogar unterschiedliche Interessen von der:dem Betroffenen und Belegschaft gegeneinander abwägen.

Dafür sollten schon im Vorfeld von Einstellungen die richtigen Weichen gestellt werden, z. B. im Monatsgespräch.

Das Monatsgespräch – Informationsaustausch zur Personalplanung


Im Monatsgespräch (§ 74 BetrVG), welches mindestens einmal im Monat stattfinden soll, sollte der Betriebsrat immer auch die Personalplanung auf die Tagesordnung nehmen, und damit z. B. auch unbesetzte Stellen oder demnächst durch auslaufende Befristungen oder Rentenbeginn freiwerdende Stellen. In diesem Zusammenhang kann der Betriebsrat zudem fordern, dass der/die Arbeitgeber:in Anstrengungen unternimmt, um freie Stellen zügig nachzubesetzen. Das wird durch § 80 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG ermöglicht. Im Monatsgespräch können – auch auf Initiative des Betriebsrats – Möglichkeiten der Personalgewinnung besprochen werden. Personalgewinnung wird umso besser gelingen, je zufriedener und motivierter die Beschäftigten im eigenen Betrieb sind. Die Einflussfaktoren darauf bilden neben der –  als angemessen und gerecht empfundenen – Entlohnung auch die physischen und psychischen Arbeitsbedingungen. Die Einflussfaktoren stehen gleichberechtigt nebeneinander. Dass Beschäftigten nur das Geld wichtig sei, ist ein Irrglaube.

Die Einstellung


Zunächst hat der/die Arbeitgeber:in den Betriebsrat über die geplante Einstellung rechtzeitig und umfassend zu informieren. Dazu gehören unter anderem auch alle Bewerbungsunterlagen aller Bewerber:innen auf die zu besetzende Stelle. Erst dann beginnt die Wochenfrist, innerhalb der der Betriebsrat die Zustimmung erteilen oder verweigern kann.

Tipp: Nutzen Sie die Möglichkeit des § 93 BetrVG und verlangen Sie die Ausschreibung aller zu besetzenden Stellen im Betrieb. Denn nur, wenn Sie dies verlangen, ist der/die Arbeitgeber:in auch dazu verpflichtet. Der Vorteil für die Belegschaft ist, dass sie freie Stellen kennen (transparenter innerbetrieblicher Arbeitsmarkt) und sie sich beim Bedürfnis nach Veränderung (z. B. Stundenvolumen, Arbeitsort, Arbeitsplatz und Arbeitsinhalt) bewerben können. Dies verhindert manchmal den Weggang eines Mitarbeitenden in einen anderen Betrieb.

Jede Einstellung muss in einer regulären oder außerplanmäßigen Betriebsratssitzung beschlossen werden. Die/der Betriebsratsvorsitzende ist dafür verantwortlich, rechtzeitig eine Sitzung einzuberufen. Er/sie darf hingegen nicht eigenmächtig entscheiden, die Frist verstreichen zu lassen und damit der personellen Maßnahme zustimmen (Zustimmung durch Fristablauf).

Verweigerung der Zustimmung durch den Betriebsrat


Trotz aller Personalnot kann sich der Betriebsrat gezwungen sehen, die Zustimmung auf der Grundlage des § 99 (2) BetrVG zu verweigern. Die Begründung dafür findet sich in den einzelnen Nummern des § 99 Abs. 2 BetrVG:

1.       Verstoß gegen Gesetz, Tarifvertrag, Betriebsvereinbarung etc.

2.       Verstoß gegen Auswahlrichtlinien

3.       Nachteile für andere Arbeitnehmer

4.       Benachteiligung des betroffenen Arbeitnehmers

5.       fehlende innerbetriebliche Ausschreibung

6.       Gefahr für den Betriebsfrieden

Beispiele dazu aus der Praxis:

  • Die Einstellung verstößt gegen das Beschäftigungsverbot Jugendlicher nach §§ 22 f. JArbSchG.
  • Das Fehlen notwendiger Qualifizierungen nach §§ 7 ff. Arbeitsschutzgesetz.
  • Ablehnung von anderen Bewerber:innen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität (Verstoß gegen §§ 1, 3, 7 AGG bzw. § 75 Abs. 1 BetrVG).
  • Geplanter Einsatz des einzustellenden Bundesfreiwilligendienst-Leistenden (BFD) auf nicht-arbeitsmarktneutralen Stellen (Art. 3 Abs. 1 S. 2 BFDG).
  • Geplanter Einsatz von Personen für ein Freiwilliges Soziales Jahr, deren Tätigkeit nicht überwiegend praktische Hilfstätigkeiten beinhaltet (§ 3 Abs. 1 JFDG).
  • Die zu besetzende Stelle war, trotz des Verlangens des Betriebsrats gemäß § 93 BetrVG, nicht ausgeschrieben.
  • Der Betriebsrat wurde zu einer unbefristeten Stellenbesetzung angehört und eine/ein Beschäftigte:r hatte sich auf die ausgeschriebene Stelle beworben, war „gleich“ geeignet und befristet beschäftigt.

Viele weitere Sachverhalte könnten diese Aufzählung erweitern.

Was, wenn der/die Arbeitgeber:in wirklich Personalnot hat und nicht warten kann?


Ist der/die Arbeitgeber:in der Ansicht, er könne nicht warten, bis der Betriebsrat sich zu einer personellen Maßnahme geäußert hat (Wochenfrist), wenn dies also aus sachlichen Gründen dringend erforderlich ist, hat er die Möglichkeit, vorläufig einzustellen (§ 100 BetrVG). Diese Unterrichtung erfolgt zusätzlich – und in der Regel zeitgleich – mit der Anhörung des Betriebsrats nach § 99 BetrVG.

Dazu muss er den Betriebsrat unverzüglich – ohne schuldhaftes Verzögern – informieren und die sachliche Dringlichkeit der Maßnahme darlegen. Bei Einwänden muss der Betriebsrat sich ebenfalls unverzüglich äußern – am besten schriftlich. Hierzu ist die ordnungsgemäße Beschlussfassung in einer Betriebsratssitzung erforderlich; oft ist die Einberufung einer außerplanmäßigen Betriebsratssitzung erforderlich. Der Betriebsrat kann natürlich zustimmen. Er kann aber auch – sofern er dies begründen kann - die Dringlichkeit bestreiten, die Zustimmung zur Einstellung verweigern oder sogar beides.

Verspätete Information des Betriebsrates – Das können Betriebsräte tun!


In der Praxis erleben wir, dass Arbeitgeber:innen immer wieder einstellen und es dem Betriebsrat erst im Nachgang, überhaupt nicht oder unvollständig mitteilen. Arbeitgeber:innen, die auf diese Weise handeln, sollten spätestens dann durch den Betriebsrat auf ihre Pflichten hingewiesen und mit dem entsprechenden Paragrafen angemahnt werden. Es handelt sich gerade nicht um einen Kavaliersdelikt, sondern um eine Verletzung der Unterrichtungspflichten – und damit um eine Ordnungswidrigkeit bzw. in extremen Fällen um Behinderung der Betriebsratsarbeit.

Zu diesem Zweck sollte der Betriebsrat in seiner nächsten regulären Betriebsratssitzung das weitere Vorgehen beraten und beschließen. Finden die Betriebsratssitzungen nicht im Wochenturnus statt, sollte hierfür eine außerplanmäßige Sitzung des Betriebsrats einberufen werden.

Nachfolgende Möglichkeiten stehen dem Betriebsrat gemäß BetrVG zur Verfügung:

Einstellungen und Versetzungen, an denen der Betriebsrat nicht beteiligt wurde oder die vorgenommen wurden, obwohl der Betriebsrat hierzu eine ordnungsgemäße Zustimmungsverweigerung vorgenommen hat, kann der Betriebsrat gemäß § 101 BetrVG im Beschlussverfahren vom Arbeitsgericht aufheben lassen.

Wendet der/die Arbeitgeber:in die §§ 99 und 100 BetrVG nicht oder nicht korrekt an, sollte der Betriebsrat gemäß § 121 BetrVG bei der zuständigen Verfolgungsbehörde Anzeige erstatten. Das sind die fachlich zuständigen Landesbehörden, in der Regel die jeweiligen Arbeitsministerien. Die Konsequenz für den/die Arbeitgeber:in ist in diesem Fall ein Ordnungsgeld.

Auch ein Strafantrag wegen Behinderung der Betriebsratsarbeit nach § 119 BetrVG wäre bei hartnäckiger Weigerung des Arbeitgebers/der Arbeitgeberin, den Betriebsrat bei personellen Maßnahmen zu beteiligen, möglich. Da in diesem Fall eine Straftat geahndet wird, ist die Konsequenz gegenüber dem/der Täter:in eine Freiheits- oder Geldstrafe. Hoffen wir, dass die Anwendung dieses Paragrafen nicht erforderlich ist.

Beschäftigte zu Beteiligten machen!


Sinnvoll ist es, die Arbeitnehmer:innen von Zeit zu Zeit über die Rechte des Betriebsrats – auch bei personellen Einzelmaßnahmen – zu informieren und deren Hintergründe an konkreten Beispielen zu erläutern.

In jedem Fall sollte der Betriebsrat (offen oder verdeckt) geäußerten Vorwürfen entgegentreten, denn sie verbreiten sich häufig wie ein Lauffeuer. Sollten die Vorwürfe berechtigt sein, steht es dem Betriebsrat gut zu Gesicht, damit offen umzugehen und lösungsorientiert die notwendige Veränderung der Arbeitsweise vorzustellen. Bei nicht berechtigten Vorwürfen geht es mindestens darum, Aufklärung zu betreiben und damit den guten Ruf des Betriebsrats zu retten. Je nach Dringlichkeit und Brisanz erfolgen Veröffentlichungen entweder mit einem Aushang an allen Standorten, die den Fall aus der Sicht des Betriebsrates darstellen, und/oder in der nächsten Betriebsversammlung. Auch andere Möglichkeiten der Öffentlichkeitsarbeit sind zulässig und denkbar.

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