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Arbeitnehmende sind in der „Bringschuld“
Arbeitnehmende haben ihre Arbeitsleistung grundsätzlich pünktlich und während der gesamten Arbeitszeit zu erbringen.
Was ist, wenn die Arbeitsleistung unmöglich oder unzumutbar ist?
Allerdings haben Arbeitnehmende auch dann Vergütungsanspruch gegen ihre Arbeitgebenden, wenn sie
- durch einen in ihrer Person liegenden Grund,
- ohne ihr Verschulden und
- für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit
an der Arbeitsleistung verhindert sind (§ 616 BGB). Alle drei Voraussetzungen müssen erfüllt sein. Für Auszubildende gibt es eine fast identische Regelung im § 19 BBiG – Unterschied: Die Ausfallzeit ist auf bis zu sechs Wochen begrenzt.
Abweichende Tarif- und Arbeitsvertragsregelungen möglich
WICHTIG: Die Gültigkeit des § 616 BGB kann für Arbeitnehmende arbeits- oder tarifvertraglich ausgeschlossen oder begrenzt sein, nicht jedoch der § 19 BBiG für Auszubildende.
In diesen Fällen besteht entweder kein Vergütungsanspruch oder nur auf begrenzte, also konkret benannte Fälle. Zählt der Tarif- oder Arbeitsvertrag hingegen beispielhafte Fälle des § 616 BGB auf, liegt keine Beschränkung vor und es sind weitere Fälle denkbar. Hier kommt es auf den genauen Wortlaut an.
Welche Verhinderungsgründe sind gemeint?
Es geht darum, dass Arbeitnehmenden die Arbeitsleistung tatsächlich unmöglich oder aber unzumutbar ist.
Beispiele:
besondere familiäre Ereignisse
- eigene Hochzeit oder Eintragung der eigenen Lebenspartnerschaft
- Hochzeit der Kinder, Wiederheirat eines Elternteils oder goldene Hochzeit der Eltern
- Niederkunft der Ehefrau oder der Partnerin
- religiöse Feste wie Erstkommunion oder Konfirmation
- Todesfälle und Begräbnisse im engen Familienkreis (Eltern, Kinder, Geschwister)
persönliche Unglücksfälle
- Einbruch, Brand, Überschwemmung durch Wasserrohrbruch
- unverschuldete Verkehrsunfälle
- schwerwiegende Erkrankung naher Angehöriger
- Pflege erkrankter Kinder
medizinisch notwendige Arztbesuche während der Arbeitszeit
- Röntgen oder Blutabnahme im nüchternen Zustand
- Sprechstunden des (Vertrauens-)Arztes ausschließlich in der Arbeitszeit des Arbeitnehmenden
Streik im Kindergarten: Sorgepflicht gegenüber dem Kind
ehrenamtliche Pflichten
- ehrenamtliche Richter
- Tätigkeit für Freiwillige Feuerwehr oder Katastrophenschutz
Hier stehen Arbeitgebenden verschiedene Rechtsgrundlagen zum Ersatz ihrer geleisteten Entgeltfortzahlung zur Verfügung.
Welche Verhinderungsfälle sind N I C H T gemeint?
Hinderungsgründe, die zur selben Zeit für mehrere Arbeitnehmende gleichzeitig bestehen, führen zu keinem Vergütungsanspruch.
Beispiele:
Hindernisse auf dem Weg zur Arbeit
- Staus oder Ausfall des ÖPNV
- Naturkatastrophen (Überschwemmungen)
- witterungsbedingte Störungen (Schneeverwehungen, Straßenglätte)
- Verkehrsstörungen durch eine Aschewolke nach einem Vulkanausbruch
Die meisten ehrenamtlichen Tätigkeiten führen ebenfalls zu keinem Vergütungsanspruch:
- Kandidatur für ein öffentliches Amt
- Wahrnehmung von Aufgaben in privaten Vereinen
Sofern kein Vergütungsanspruch nach § 616 BGB oder § 19 BBiG besteht und Sie dennoch an der Arbeitsleistung gehindert sind, dürfen Arbeitgebende Ihre Vergütung entsprechend reduzieren. Möglicherweise können Sie mit dem Arbeitgeber/der Arbeitgeberin vereinbaren, Plusstunden abzusetzen, Fehlstunden nachzuarbeiten oder (Rest-)Urlaub einzusetzen. Unter Umständen sind in diesen Fällen auch arbeitsrechtliche Konsequenzen, wie z. B. Abmahnungen möglich.
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Weitere Verhinderungsgründe
Es gibt Verhinderungsgründe, die an anderer Stelle geregelt sind, z. B.
- krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit - siehe Entgeltfortzahlungsgesetz
- Kind krank mit Kinderkrankenpflegeschein - siehe SGB V
- kurzzeitige Arbeitsverhinderung wegen einer akuten Pflegesituation - siehe PflegeZG
Die Entgeltabsicherung für Arbeitnehmende erfolgt dabei einerseits durch Entgeltfortzahlung durch die Arbeitgebenden und andererseits durch verschiedene Lohnersatzleistungen.
Was ist eine „verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit“?
Diese Frage kann nicht präzise beantwortet werden.
Nach älterer Rechtsprechung sind Verhinderungsdauer und Gesamtdauer des Arbeitsverhältnisses ins Verhältnis zu setzen. Daraus ergibt sich die Dauer der „verhältnismäßig nicht erheblichen Zeit“.
Es kommt jedoch viel mehr auf die Umstände des Einzelfalls, also auf die maßgeblich zu berücksichtigenden Verhältnisse bei dem/der Arbeitnehmenden an. Damit ist die „verhältnismäßig nicht erheblichen Zeit“ anhand des Verhinderungsgrundes zu bestimmen und umfasst in der Regel nur wenige Tage. Wichtig: Die Einhaltung der „verhältnismäßig nicht erheblichen Zeit“ ist eine der Voraussetzungen für den Anspruch auf Entgeltfortzahlung. Deshalb entfällt der Anspruch vollständig, wenn die Verhinderung länger andauert.
Was ist zu tun, wenn der Arbeitgeber/die Arbeitgeberin auf Grund meiner Verhinderung das Gehalt kürzt oder die nicht geleisteten Arbeitsstunden streicht?
Überprüfen Sie zuerst, ob Sie eine arbeits- oder tarifvertragliche Ausschlussklausel übersehen haben!
Wenn dies nicht der Fall ist: Sprechen Sie Ihre Arbeitgeberin/Ihren Arbeitgeber darauf an! Zahlt er/sie das Gehalt daraufhin nicht nach bzw. schreibt er/sie die Arbeitsstunden daraufhin nicht gut, sollten Sie Ihre Ansprüche schriftlich geltend machen und – sofern auch das nicht zum Erfolg führt – arbeitsgerichtlich einklagen. Beachten Sie dabei die jeweils für Sie geltenden Ausschlussfristen.
In allen Fällen gilt:
Sollten Sie an der Arbeitsleistung gehindert sein, informieren Sie Ihre Arbeitgeberin/Ihren Arbeitgeber bitte unverzüglich darüber. Sofern die Verhinderung voraussehbar ist, informieren Sie Ihre Arbeitgeberin/Ihren Arbeitgeber unbedingt so rechtzeitig, dass sie/er sich auf Ihre Verhinderung einstellen kann.
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Stand der Informationen: Mai 2024
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