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Endlich ist es soweit: Das Betriebsrätemodernisierungsgesetz ist da! Nachdem im Dezember 2020 der Referentenentwurf auf den Weg gebracht wurde, wurde das Gesetz am 21. Mai vom Bundestag und am 28. Mai vom Bundesrat verabschiedet. Was genau diese Modernisierung bedeutet, haben wir in diesem Beitrag kurz zusammengefasst.
Stärkung der Interessenvertretungen
Die Politik hat erkannt, dass deutschlandweit seit Jahren die Anzahl der Betriebsräte immer weiter zurückgeht und damit auch die Anzahl der von ihnen vertretenen Beschäftigten. Sie hat sich positioniert und die Stärkung der Interessenvertretungen zum Ziel gesetzt. Dies wird nun – neben einer Vielzahl weiterer kleinerer und größerer Veränderungen – umgesetzt.
Arbeit 4.0 im Betriebsratsbüro?
Erfreulicherweise wird auch die technische Entwicklung in den letzten Jahren und Jahrzehnten berücksichtigt. Dies führt dazu, dass im Betriebsrätemodernisierungsgesetz Begriffe wie „Telefon- und Videokonferenz“, „elektronische Signatur“ und „Künstliche Intelligenz“ auftauchen und damit die vorhandenen technischen Möglichkeiten auch im Betriebsratsbüro einziehen dürfen.
Vereinfachungen bei der Betriebsrats- und JAV-Wahl
Für die meisten Betriebsräte gerade rechtzeitig liegen nun die Regelungen auf dem Tisch, mit dem die Wahl von Betriebsrat und Jugend- und Auszubildendenvertretung (JAV) vereinfacht werden sollen. Neben einer Ausweitung des vereinfachten Wahlverfahrens wird im Gesetz die Reduzierung von Stützunterschriften und die Erweiterung des Kreises wahlberechtigter Arbeitnehmer festgelegt.
Schutz für BR-Wahlinitiatoren und gewählte Gremien
Doch auch der Schutz von Betriebsratswahlen wird bedacht: Mehr Initiatoren als bisher genießen nun bei Betriebsrats-Neugründungen erweiterten Kündigungsschutz. Auch die Anfechtung einer Betriebsratswahl ist nicht mehr so einfach möglich, wie in der Vergangenheit.
Mitbestimmung bei der Ausgestaltung mobiler Arbeit
Während das Thema „Homeoffice“ pandemiebedingt in aller Munde war, befasste sich die Politik bereits mit einem möglichen Rechtsanspruch der Arbeitnehmer auf Homeoffice. Ein Gesetz zu dieser Thematik lässt noch auf sich warten. Dafür ist nun im Betriebsverfassungsgesetz im § 87 Abs. 1 unter der Ziffer 14 das Mitbestimmungsrecht bei der Ausgestaltung mobiler Arbeit neu eingefügt. Wenngleich sich die Mitbestimmung bei diesem Thema bisher bereits aus anderen Ziffern und Paragraphen ergab, hat es doch klarstellende Funktion und erleichtert sicherlich dem ein oder anderen Betriebsrat die Durchsetzung seiner Rechte.
Einsatz Künstlicher Intelligenz nur mit BR-Beteiligung
Die Schwere dieser Thematik muss der Politik bewusst gewesen sein: Denn erfolgt in einem Betrieb der Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnik (IuK) und wird der Betriebsrat hierbei beteiligt – was in den allermeisten Fällen erforderlich sein dürfte – hat dieser nun Rechtsanspruch auf (externen) Sachverstand. Dies stellt sicherlich die teuerste gesetzliche Regelung des gesamten Pakets „Betriebsrätemodernisierungsgesetz“ für die Arbeitgeberseite dar. Gleichzeitig öffnet sich damit die Tür für Betriebsräte zu einem Themengebiet, welches dringend gute Regelungen in Betriebsvereinbarungen bedarf. Mit dem nötigen Wissen – mit Hilfe von Sachverstand erworben – sicherlich kein Problem mehr.
Unterrichtungs- und Beratungsrechte angepasst
Auch hier zeigt sich wieder die Erkenntnis der Politik, dass das elektronische Zeitalter Einzug gehalten hat: Betriebsräte sind nicht mehr nur bei der Änderung von Arbeitsverfahren, Arbeitsabläufen usw., sondern auch beim Einsatz von Künstlicher Intelligenz zu informieren und können in Beratungen ihre Vorschläge und Bedenken dazu einbringen. Erwartet wird, dass der Einsatz Künstlicher Intelligenz auf Arbeitnehmerseite eher Befürwortung und Unterstützung findet, wenn die Interessenvertretung frühzeitig in die Thematik eingebunden wurde und das Anliegen unterstützt. Ein klarer Auftrag an Betriebsräte also, sich bei diesem Thema aktiv einzubringen und es seinerseits mit Leben zu füllen.
Mehr Rechte des Betriebsrats bei der Qualifizierung
Bereits in der Vergangenheit besaßen Betriebsräte das Recht, mit dem Arbeitgeber über Maßnahmen der Berufsbildung zu beraten. Kommt eine Einigung nicht zustande, können sie nun – neben dem Arbeitgeber – die Einigungsstelle anrufen. Diese hat eine Einigung zu versuchen. Ob sich daraus spürbare Vorteile für die Praxis ergeben, wird sich zeigen.
Personalauswahl mittels Künstlicher Intelligenz
Während der ein oder andere noch in der Vorstellung lebt, dass Personalauswahl bedeutet, Bewerbungsmappen zu stapeln, zu sichten und (aus-)zu sortieren, erfolgen Bewerbungen heute in vielen Bereichen längst digital und werden mittels Künstlicher Intelligenz ausgewertet. Nun wird im Betriebsverfassungsgesetz klargestellt, dass der Betriebsrat auch hier – also bei der Aufstellung von Auswahlrichtlinien – sein Mitbestimmungsrecht weiterhin nutzen kann. Sicherlich werden viele Betriebsräte auch hier den oben bereits erwähnten Sachverstand benötigen, um zu einem sinnvollen Ergebnis zu gelangen.
Datenschutz und Betriebsrat
Nach immer neuen Diskussionen um die Frage, ob der Betriebsrat nun selbst Verantwortlicher im Sinne der EU-DSGVO und des BDSG ist, erfolgt nun eine Klarstellung im Betriebsrätemodernisierungsgesetz: Der Betriebsrat ist Teil des Verantwortlichen. Damit hat der Arbeitgeber die Verantwortung für die Einhaltung des Datenschutzes und ist Ansprechpartner bei Verstößen. Eine vertrauensvolle Zusammenarbeit scheint hier nötiger denn ja.
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