Urlaub im Risikogebiet - Was gilt für Arbeitnehmer?

Urlaub im Risikogebiet – Was gilt für Arbeitnehmer?

Fragen und Antworten rund um die Reisen in Zeiten von Covid-19, Quarantäne und PCR-Tests

Es ist wieder so weit – die für viele schönste Jahreszeit hat begonnen: die Urlaubszeit. Doch seit Corona ist vieles anders. Risikogebiete, Reisewarnungen, Mutationen und Quarantäne. Wer vor Jahren noch sorgenfrei nach Portugal, Spanien oder die Türkei gereist ist, der muss nun im Vorfeld genau abwägen, ob er sich einem gesundheitlichen Risiko aussetzt. Damit ist es jedoch nicht getan – denn für Arbeitnehmer birgt eine Reise verschiedene Unsicherheiten. So zum Beispiel bei der Frage des Arbeitsbeginns oder auch bei der Entgeltfortzahlung im Quarantäne- und/oder Krankheitsfall.

Urlaub im Ausland – Ja oder Nein?


Aktuell wird eine Reisewarnung für nicht notwendige und touristische Reisen nur noch für Länder ausgesprochen, die als Hochinzidenzgebiet oder Virusvariantengebiet eingestuft sind. Von Reisen in andere Länder, die „nur“ als Risikogebiet gelten, wird grundsätzlich abgeraten (Quelle: Auswärtiges Amt, Stand 08.07.2021).

Bundeslandunabhängig gilt die Coronavirus-Einreiseverordnung des Bundes, welche fortan bundesweit einheitlich die Anmelde-, Test- und Nachweispflichten sowie die Quarantäneregelungen nach Einreise regelt.

Möchten Sie also aus einem Land mit Virusvarianten wieder nach Deutschland einreisen, muss eine digitale Einreiseanmeldung sowie eine negative COVID-19-Testung vor der Einreise vorgelegt werden. Für Rückreisen aus Hochinzidenzländern wird ein negativer COVID-19-Test, ein Impfnachweis über eine vollständige COVID-19-Impfung oder ein Nachweis über die Genesung nach einer Infektion vor der Einreise benötigt. Reisen Sie aus einem Gebiet zurück, welches nur als Risikogebiet ausgewiesen ist, muss der negative COVID-19-Test, ein vollständiger Impfnachweis oder der Genesungsnachweis innerhalb von 48 Stunden nach Einreise vorgelegt werden. Ob und inwieweit Ausnahmen für dieses Vorgehen existieren, lesen Sie bitte auf www.auswaertiges-amt.de nach.

Zudem gilt eine Quarantänepflicht für Reisen aus Risiko-, Hochinzidenz- und Virusvariantengebieten. Diese beläuft sich aktuell auf 10 Tage bei Reisen aus Risiko- und Hochinzidenzgebieten. Eine Verkürzung der Quarantänedauer ist mit Vorlage eines negativen Tests möglich. Dieser kann aber bei Einreisen aus einem Hochinzidenzgebiet erst nach 5 Tagen erfolgen. Bei der Einreise aus einem Virusvariantengebiet ist die Quarantänedauer auf 14 Tage festgeschrieben und kann auch nicht verkürzt werden. Sonderregelungen für Geimpfte oder Genesene gibt es aktuell nicht.

Generell gilt also: Prüfen Sie vor Ihrem Urlaub, ob das Zielgebiet als ein Risiko-, Virusmutationen- oder Hochinzidenzgebiet gilt, um mögliche Einreiseeinschränkungen zu umgehen.

Kann der Arbeitgeber mir meinen Auslandsurlaub verbieten?


Ein Verbot durch den Arbeitgeber zur Reise ist grundsätzlich nicht möglich.

Kann der Arbeitgeber einen negativen PCR-Test von mir verlangen?


Neben der, vom Bund angeordneten Quarantäne- und Testpflicht, ist der Arbeitgeber im Sinne seiner Fürsorgepflicht (§§ 611a, 618, 241 Abs. 2 BGB i. V. m. §§ 3 ff. ArbSchG) grundsätzlich verpflichtet, (alle) Arbeitnehmer im Betrieb vor Gesundheitsgefahren zu schützen. Vor allem also in Zeiten einer „epidemischen Lage von nationaler Tragweite“ (vgl. § 5 IfSG) kann ein berechtigtes Interesse des Arbeitgebers bestehen, eine Infektion anderer Arbeitnehmer schon an der Eingangstür abzuwenden.

Das Verlangen eines negativen Tests nach Rückkehr aus einem Risikogebiet durch den Arbeitgeber wäre also damit gerechtfertigt. Dem gegenüber steht der aus dem Allgemeinen Persönlichkeitsrecht (Art. 1 und 2 GG) abgeleitete sog. „allgemeine Beschäftigungsanspruch“ des Arbeitnehmers (vgl. BAG vom 9. April 2014 – 10 AZR 637/13), der vor allem bei Arbeitnehmern besonders zu beachten ist, die zur Erfüllung ihrer Arbeitspflicht auf den Zutritt zum Betriebsgelände angewiesen sind. Doch vor allem bei Einreisen aus einem Risikogebiet lassen sich die Regelungen i. S. v. § 3 Abs. 1 S. 1 ArbSchG auch auf die Durchführung von PCR-Tests durch den Arbeitgeber anwenden. Zudem hat ein Arbeitnehmer neben seiner Treuepflicht (§ 241 Abs. 2 BGB) nach geltendem Arbeitsschutzrecht grundsätzlich die Pflicht, für die Sicherheit und Gesundheit von Personen zu sorgen, die von seinen Handlungen bei der Arbeit betroffen sind (§ 15 Abs. 1 S. 2 ArbSchG).

Fraglich ist die Auslegung des Datenschutzes in diesem Fall. Denn ein solcher vom Arbeitgeber angeordneter PCR-Test fällt unter die Erhebung und Verarbeitung besonders geschützter Gesundheitsdaten (Art. 9 Abs. 1 S. 1 DSGVO). Diese Verarbeitung ist aber nur unter besonderen Voraussetzungen erlaubt. Aktuell stehen verschieden Entscheidungen vor deutschen Gerichten dazu aus. Doch wenn selbst das „umstrittene“ Fiebermessen als Einlasskontrolle zur Beurteilung der Arbeitsfähigkeit als erforderlich und nach § 26 Abs. 3 BDSG als zulässig anerkannt wird (vgl. zur elektronischen Temperaturerfassung den Beschluss der Konferenz der unabhängigen Datenschutzaufsichtsbehörden des Bundes und der Länder vom 10. September 2020 bzw. die Stellungnahme des Hamburgischen Beauftragen für Datenschutz und Informationssicherheit vom 27. November 2020), kann dies für die Durchführung eines PCR-Tests durchaus übertragbar sein.

Fazit: Aktuell gibt es allerdings zur Frage, ob der Arbeitgeber einen PCR-Test verlangen kann, keine abschließende Rechtsprechung. Die Tendenzen in verschiedenen Verfahren weisen aber auf die Zulässigkeit eines solchen Tests und der Berechtigung durch den Arbeitgeber hin. Letztendlich wäre der Abschluss einer Betriebsvereinbarung zu diesem Thema ein geeignetes Werkzeug, um Klarheit zu erlangen.

Entgeltfortzahlung trotz selbstverschuldeter Quarantäne?


Wenn ein Arbeitnehmer wissentlich in ein Risikogebiet mit anschließender Quarantäne reist, so hat er keinen Anspruch auf Entgeltfortzahlung. Es entsteht eine vorübergehende Verhinderung der Erbringung der Arbeitsleistung gemäß § 616 BGB, welche der Arbeitnehmer selbst verschuldet hat. Der Entgeltfortzahlungsanspruch nach § 616 BGB wird dadurch ausgeschlossen.

Es besteht auch keine Verdienstausfallentschädigung nach dem Infektionsschutzgesetz. In § 56 Abs. 1 S. 3 IfSG ist ausdrücklich geregelt, dass kein Entschädigungsanspruch besteht, wenn eine Quarantäne durch Nichtantritt einer vermeidbaren Reise in ein bereits zum Zeitpunkt der Abreise eingestuftes Risikogebiet hätte vermieden werden können. Nach Definition des Gesetzes gilt eine Reise als vermeidbar, wenn zum Zeitpunkt der Abreise keine zwingenden und unaufschiebbaren Gründe für die Reise vorlagen.

Hat der Arbeitnehmer allerdings die Möglichkeit, in seiner Quarantäne im Homeoffice seine Arbeitsleistung zu erbringen, bleibt der Anspruch auf Zahlung des Arbeitsentgelts natürlich bestehen.

Was ist, wenn ich mich im Risikogebiet mit Corona infiziert habe? Habe ich Anspruch auf Lohnfortzahlung im Krankheitsfall?


Erkrankt ein Arbeitnehmer nach Rückkehr aus seinem Erholungsurlaub und ist arbeitsunfähig, so hat er unter den Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 Entgeltfortzahlungsgesetzes grundsätzlich einen Anspruch auf Lohnfortzahlung.

Anders verhält es sich allerdings, wenn der Arbeitnehmer wissentlich in ein Risikogebiet reist. Denn der Lohnfortzahlungsanspruch aus dem Entgeltfortzahlungsgesetz verlangt, dass die krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers die alleinige Ursache für die Arbeitsverhinderung und damit den Ausfall der Arbeitsleistung ist.

Erkrankt also ein Arbeitnehmer in der Quarantäne, die aufgrund seiner Reise in ein definiertes Risikogebiet vom Bund angeordnet ist, so ist die krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers nicht die alleinige Ursache der Arbeitsverhinderung. Diese liegt vielmehr an der angeordneten Quarantäne. Damit greift wieder der vorher beschriebene Fall der „selbstverschuldeten Quarantäne“.

Doch was ist, wenn das Urlaubsgebiet erst während des Urlaubs zum Risikogebiet erklärt wird?


Anders verhält es sich aber, wenn das Urlaubsgebiet erst während des Aufenthalts des Arbeitnehmers zum Risikogebiet erklärt wird. In diesem Fall liegt kein schuldhaftes Verhalten des Arbeitnehmers vor und der Lohnfortzahlungsanspruch nach § 616 BGB würde, sofern nicht arbeitsvertraglich ausgeschlossen, weiterhin für einen gewissen Zeitraum bestehen. Vielmehr greift jedoch § 56 IfSG, nach welchem der Arbeitnehmer einen Entschädigungsanspruch für die Zeit der Quarantäne hat.