Nach einer formell unwirksamen Kündigung, welche dem Arbeitnehmer zugegangen ist, muss der Betriebsrat für eine erneute Kündigung wiederholt angehört werden. Dies entschied das LAG Schleswig-Holstein mit seinem Urteil vom 03.05.2014.
Gemäß Betriebsverfassungsgesetz § 102 Abs. 1 muss der Betriebsrat vor jeder Kündigung angehört werden und der Arbeitgeber muss die Gründe für die Kündigung mitteilen. Versäumt dies der Arbeitgeber, dann ist die Kündigung unwirksam.
Wird nun nach erfolgter Anhörung dem Arbeitnehmer eine fehlerhafte Kündigung zugestellt, so muss der Arbeitgeber dem BAG zufolge den Betriebsrat erneut anhören. Denn laut BAG gilt die Kündigungsabsicht als umgesetzt, sobald die Kündigung dem Arbeitnehmer zugegangen ist. Damit ist die durchgeführte Anhörung des Betriebsrates verbraucht.
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Der Arbeitgeber kann sich nur in Ausnahmefällen auf die bereits vorliegende Anhörung berufen:
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- wenn die Anhörung korrekt war,
- wenn der Betriebsrat der Kündigung ohne Vorbehalt zugestimmt hat,
- wenn die erneute Kündigung des Arbeitnehmers auf dem selben Sachverhalt beruht
- und wenn diese dann zeitnah ausgesprochen wird.
Dieser Fall wird vom BAG aber nur dann geduldet, wenn der Kündigungsentschluss des Arbeitgebers noch nicht verwirklicht wurde.
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Dies bedeutet, ist die Kündigung durch den Arbeitgeber einmal auf den Weg gebracht, muss bei einer erneuten Kündigung aufgrund von formalen Problemen, der Betriebsrat erneut angehört werden.
Der zum Urteil führende Fall:
Eine Spielbank-GmbH, welche durch zwei Geschäftsführer vertreten wurde, kündigte dem Croupier außerordentlich und fristlos sowie hilfsweise ordentlich. Der angehörte Betriebsrat wiedersprach dabei der außerordentlichen Kündigung.
Die versandte Kündigung enthielt aber nur eine „echte“ Unterschrift, sowie eine eingescannte Unterschrift der Geschäftsführer. Daraufhin wurde eine erneute Kündigung erstellt und übergeben. Gegen beide Kündigungen richtete der Croupier eine Kündigungsschutzklage, aufgrund der Tatsache, dass der Arbeitgeber den Betriebsrat hätte erneut anhören müssen (Urteil vom 22.08.2013, 3CA 479/13). Die erste Kündigung wurde vom Arbeitgeber im Verlauf des Prozesses offiziell zurückgenommen.
Das LAG bestätigte, dass die zweite Kündigung wegen des Verstoßes gegen § 102 Abs. 1 BetrVG unwirksam war. Mit Zustellung des ersten Kündigungsschreibens habe der Arbeitgeber seinen Kündigungsentschluss verwirklicht. Das Gegenargument des Arbeitgebers, dass diese Kündigung aufgrund von formalen Fehlern (Schriftformerfordernis § 623 BGB sowie eigenhändige Unterschrift § 126 BGB) nicht wirksam war, ließ das LAG nicht gelten. Zudem hatte der Betriebsrat der Kündigung nicht vorbehaltlos zugestimmt, sondern der außerordentlichen Kündigung widersprochen.
Quelle: LAG Schleswig-Holstein, Urteil vom 3.5.2014, 6 Sa 354/13