Dass Betriebsrat und Geschäftsleitung nicht immer einer Meinung sind, ist nicht ungewöhnlich. Aber dass dem Betriebsrat ein Hausverbot erteilt wird – das kommt nicht oft vor. Letztlich war es auch rechtswidrig und hätte zudem nur auf Antrag beim Arbeitsgericht erfolgen dürfen.
Der Fall klingt unglaublich, wurde aber so im Mai 2023 vor dem Hessischen Landesarbeitsgericht verhandelt.
BR-Vorsitzender stempelt und erhält Hausverbot
Beteiligt sind die Betreiberin des Luftfahrt-Caterings am Frankfurter Flughafen und der bei ihr gebildete Betriebsrat. Dieser hatte am Morgen des Gründonnerstags 2023 eine Betriebsratssitzung abgehalten. Während dieser Sitzung erreichte den Vorsitzenden eine E-Mail der Personalabteilung, welche ihre Anwesenheit nur bis 13 Uhr mitteilte. Der Betriebsratsvorsitzende erhielt daher hiervon keine Kenntnis. Der Versuch eines Mitglieds des Betriebsrats, Unterlagen aus der Betriebsratssitzung gegen 14:30 Uhr bei einem Sachbearbeiter der Personalabteilung abzugeben, blieb erfolglos. Ein weiterer Übergabeversuch scheiterte ebenfalls. Der Betriebsratsvorsitzende ging dann mit den Unterlagen direkt zum Betriebsleiter, welcher auf die E-Mail der Personalabteilung verwies und ebenfalls die Annahme verweigerte. Daraufhin nahm sich der BR-Vorsitzende im Vorzimmer der Betriebsleitung selbst den Eingangsstempel und versah damit die Unterlagen des Betriebsrates, welche er dann unter der Tür der Personalabteilung durchschob.
Die Arbeitgeberin erstattete daraufhin Strafanzeige und sprach ein Hausverbot für den Betriebsratsvorsitzenden aus. Zusätzlich wurde beim Arbeitsgericht Frankfurt am Main ein Verfahren auf Ausschluss aus dem Betriebsrat eingeleitet.
Dagegen wehrte sich der Betriebsrat bzw. der BR-Vorsitzende mit einem Eilantrag, um weiter ungehinderten Zugang zum Betrieb zu erhalten. In erster Instanz war dieser Antrag erfolgreich und die Arbeitgeberin legte beim Landesarbeitsgericht Hessen eine Beschwerde ein.
Behinderung der Betriebsratsarbeit nach § 78 S. 1 BetrVG
Doch auch diese Beschwerde wurde zurückgewiesen. Das Gericht sah hier eine Behinderung der Betriebsratsarbeit durch das ausgesprochene Hausverbot nach § 78 S. 1 BetrVG. Der Ausschluss aus dem Betriebsrat wird nur durch einen arbeitsgerichtlichen Beschluss rechtswirksam. Solange dieser Beschluss noch nicht gesprochen ist, bleibt das betreffende Betriebsratsmitglied im Amt. Ein ausgesprochenes Hausverbot steht dem entgegen und würde einer Gerichtsentscheidung vorgreifen. Lediglich bei gravierenden Pflichtverletzungen wäre eine Ausnahme möglich. Dann müsste der/die Arbeitgeber:in aber selbst einen Antrag auf vorläufiges Untersagen der Ausübung des Betriebsratsamtes beim Arbeitsgericht stellen. Dann kommt es, laut Gericht, aber nicht auf die strafrechtliche Bewertung an, sondern darauf, ob die vertrauensvolle Zusammenarbeit im Sinne von § 2 Abs. 1 BetrVG zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber:in unzumutbar beeinträchtigt ist. Im betreffenden Fall sah das Gericht keine derartige gravierende Störung der Zusammenarbeit.
Quelle: Hessisches Landesarbeitsgericht, 28.08.2023, 16 TaBVGa 97/23
Stand der Informationen: November 2023
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