Erhöhung des gezahlten Mehrarbeitszuschlags durch Urlaubszeiten

Erhöhung des gezahlten Mehrarbeitszuschlags durch Urlaubszeiten

Europäischer Gerichtshof entscheidet zugunsten des Arbeitnehmers

Laut des aktuell gültigen Manteltarifvertrages für Zeitarbeit wird in Deutschland für Zeiten, die in Monaten mit 23 Arbeitstagen 184 geleistete Stunden überschreiten, ein Mehrarbeitszuschlag in Höhe von 25 % gezahlt.

Bisher galt hier, dass für die Berechnung nur tatsächlich geleistete Arbeitsstunden zählten. Urlaubszeiten wurden hierbei nicht erfasst.

Arbeitnehmer fordert Anrechnung


Dies sah ein Leiharbeitnehmer der Firma Koch Personaldienstleistungen anders. Er verlangte für den Monat August 2017 einen Mehrarbeitszuschlag für 22,45 Stunden. Seiner Ansicht nach wurde die Schwelle von 184 Stunden überschritten, wenn die Urlaubstage in die Berechnung einbezogen würden. Er hatte während der ersten 13 von 23 Arbeitstagen des Monats bereits 121,75 Stunden gearbeitet. Die restlichen 10 Tage wurden als bezahlter Jahresurlaub genommen, was 84,7 Arbeitsstunden entsprach.

BAG an EuGH: Auslegung der Grundrechtecharta in Verbindung mit der Richtlinie 2003/88


Das in dritter Instanz vom Kläger angerufene BAG wollte nun vom Europäischen Gerichtshof wissen, ob der im Manteltarifvertrag festgelegte Ausschluss von Urlaubszeiten bei der Berechnung der Mehrarbeitszuschläge dem im Unionsrecht verankerten Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub entgegensteht. Es hat den Gerichtshof daher um Auslegung der Grundrechtecharta sowie der Richtline 2003/88 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung ersucht.

Regelung könnte Arbeitnehmer vom Urlaub abhalten


Das EuGH antwortete wie folgt: Eine Regelung in einem Tarifvertrag, wonach Stunden, die dem vom Arbeitnehmer in Anspruch genommenen bezahlten Jahresurlaub entsprechen, nicht als geleistete Arbeitsstunden bei der Berechnung der Schwelle der Mehrarbeitszuschläge berücksichtigt werden, steht Art. 7 Abs 1 der Richtlinie 2003/88/EG im Licht von Art. 31 Abs. 2 der Charta der Grundreche der Europäischen Union entgegen.

Eine solche Regelung könnte dazu führen, dass ein Arbeitnehmer in Monaten mit geleisteten Überstunden auf seinen Erholungsurlaub verzichtet, damit sein Entgelt nicht um den für tatsächlich geleistete Überstunden vorgesehenen Zuschlag beschnitten werde.

Alle Festlegungen des Arbeitgebers, die einen Arbeitnehmer daran hintern, seinen Jahresurlaub zu nehmen, verstoßen gegen das mit dem Recht auf bezahlten Jahresurlaub verfolgte Ziel, zu gewährleisten, dass der Arbeitnehmer zum eigenen Schutz seiner Sicherheit und Gesundheit über eine tatsächliche Ruhezeit verfüge.

Daher ist eine solche Regelung zur Anrechnung von Arbeitsstunden wie hier beschrieben nicht mit dem vorgesehenen Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub der Richtlinie 2003/88 vereinbar.

 

Quelle: Europäischer Gerichtshof, 13.01.2022, C-514/20