Betriebsratsbeschlüsse via Telefon- oder Videokonferenz möglich

Betriebsratsbeschlüsse via Telefon- oder Videokonferenz möglich?

Covid-19-Pandemie: Arbeitsminister Heil versucht die Beschlussfähigkeit von Betriebsräten zu stärken

Vermeidung von Gruppenansammlungen, Mindestabstand von 1,5 Meter, Quarantäne – die Arbeitswelt steht aufgrund der Pandemie nicht nur wirtschaftlich vor einer großen Herausforderung. So stellt sich zum Beispiel bei vielen Betriebsräten nun die Frage, wie wichtige Beschlüsse gefasst werden können, wenn Betriebsratssitzungen so nicht mehr oder nur unter sehr hohem Aufwand möglich sind.

Bundesarbeitsminister Heil hat zu diesem Thema am 20. März 2020 eine Ministererklärung verfasst:

Sicherung der Arbeitsfähigkeit von Betriebsräten


Für den Arbeitsminister hat die gute Zusammenarbeit von Arbeitgebern und Betriebsräten in diesen Zeiten eine hohe Bedeutung. Er appelliert in seinem Schreiben an beide Seiten, zu schnellen und pragmatischen Lösungsansätzen zu gelangen. Langwierige Streitigkeiten zwischen beiden Seiten sollen in dieser Krisenzeit vermieden werden. Problematisch aus Sicht der Betriebsräte ist jedoch die nicht gegebene Möglichkeit von Betriebsratssitzungen. Die Nutzung von Video- und Telefonkonferenzen ist im Betriebsverfassungsgesetz nicht vorgesehen. Doch Arbeitsminister Heil betont hier die Notwendigkeit in dieser Ausnahmesituation: „Wir sind (…) der Meinung, dass in der aktuellen Lage (…) auch die Teilnahme an einer Betriebsratssitzung mittels Video- oder Telefonkonferenz einschließlich online gestützter Anwendungen wie WebEx Meetings oder Skype, zulässig ist (…)“.

Dies würde sowohl für die Zuschaltung einzelner Betriebsratsmitglieder als auch einer virtuellen Betriebsratssitzung gelten.

Beschlüsse einer virtuellen Betriebsratssitzung wirksam?


Weiterhin erklärte er in seinem Schreiben, dass die gefassten Beschlüsse einer solchen Sitzung wirksam sind. Die normaler Weise notwendige handschriftlich unterzeichnete Anwesenheitsliste könne in diesem Fall durch einzelne schriftliche Teilnahmebestätigungen ersetzt werden. Diese können beispielsweise per E-Mail dem Betriebsratsvorsitzenden zugesandt werden.

Wichtig bei dieser Art der Sitzungen ist weiterhin die Sicherstellung, dass keine unberechtigten Dritten an der Sitzung teilnehmen. Der Grundsatz der Nichtöffentlichkeit muss gewahrt bleiben.

Diese Rechtsauffassung wird von Arbeitsrechtsexperten allerdings in Frage gestellt


Die Formvorschriften des Betriebsverfassungsgesetzes sind durch die Erklärung des Bundesministers für Arbeit nicht außer Kraft gesetzt. Um in diesem Fall auf der rechtlich sicheren Seite zu sein, sind folgende Schritte durch die Betriebsräte notwendig:

  1. Beratung und Beschlussfassung zum internen Management des Betriebsrates. Je nach Größe des Betriebsrates können Aufgaben an den Betriebsausschuss oder auf den Vorsitzenden zur selbstständigen Erledigung für die Zeit der Sitzungsbeschränkungen durch behördliche Anordnung* übertragen werden.
  2. Betriebsrat und Arbeitgeber einigen sich auf eine Arbeitgebererklärung zur vorläufigen Wirksamkeit von Beschlüssen, welche in Telefon- und Videokonferenzen o. ä. gefasst werden. Siehe Vorlage des Bundverlages in Zusammenarbeit mit Prof. Dr. Peter Wedde, welche hier zum Download bereit steht!
  3. Nach Beendigung der Sitzungsbeschränkungen müssen die Beschlüsse rechtskonform gefasst werden, um hier eine volle Rechtskonformität zu erlangen.

 

*Dieser Zeitintervall sollte selbstständig geprüft und angepasst werden.