Bei der Vorbereitung und Durchführung einer Betriebsratswahl lauern verschiedene Fallstricke, welche unter Umständen zur Ungültigkeit einer BR-Wahl führen können. So auch der Verstoß gegen die Bekanntmachungspflichten aus § 10 Abs. 2 der Wahlordnung zum Betriebsverfassungsgesetz. Demnach hat der Wahlvorstand die als gültig anerkannten Vorschlagslisten auf gleiche Weise der Belegschaft zukommen zu lassen, wie er es bereits beim Wahlausschreiben getan hat. Andernfalls ist die Wahl anfechtbar – so entschieden die Richter des Bundesarbeitsgerichtes in einem kürzlich veröffentlichten Beschluss.
Wahlausschreiben per Aushang und per E-Mail
Im zugrundeliegenden Streitfall hatte der Wahlvorstand einer Tochtergesellschaft der Deutschen Bahn AG 2018 ein Wahlausschreiben erlassen und dieses per Aushang bekannt gemacht. Einige Mitarbeiter erhielten das Wahlausschreiben zusätzlich per E-Mail.
Einreichung einer fehlerhaften Vorschlagsliste
Zur Betriebsratswahl wurden drei Vorschlagslisten eingereicht, von denen aber nur zwei tatsächlich vom Wahlvorstand zugelassen wurden. Diese beiden Listen wurden nur per Aushang bekannt gemacht. Die dritte Vorschlagsliste wurde vom Wahlvorstand als ungültig erklärt, da u. a. das Original der Zustimmungserklärung eines Wahlbewerbers fehlte. Dieser hatte lediglich eine ausgedruckte und eingescannte Zustimmungserklärung eingereicht und das Original behalten. Dieser Mangel wurde benannt und hätte innerhalb einer sechstägigen Frist (bis zum 09.04.2018 um 15:30 Uhr) behoben werden können. Allerdings ging das Original erst 45 Minuten nach dieser Frist dem Wahlvorstand zu, sodass die Vorschlagsliste nicht als gültig anerkannt wurde.
Forderung nach Ungültigkeit der Betriebsratswahl
Diese neun Arbeitnehmer der nicht zugelassenen Liste beantragten nun die Unwirksamkeit der Betriebsratswahl. Außerdem bemängelten sie, dass der eingereichte Wahlvorschlag zu Unrecht als ungültig anerkannt worden sei.
Sowohl das Arbeitsgericht als auch das Landesarbeitsgericht bestätigten den Klägern die Unwirksamkeit der Betriebsratswahl. Es folgte eine Rechtsbeschwerde des Betriebsrats beim BAG.
Nach Ansicht des 7. Senats wurde „die vom 15. Mai 2018 bis 17. Mai 2018 durchgeführte Betriebsratswahl im Ergebnis zu Recht für unwirksam erklärt“.
Verstoß gegen Vorschriften der Wahlordnung
Als Begründung wurde zum einen der Verstoß gegen § 10 Abs. 2 WO benannt. Demnach müssen die als gültig anerkannten Wahlvorschlagslisten bis spätestens eine Woche vor Beginn der Stimmabgabe in gleicher Weise wie das Wahlausschreiben bekannt gemacht werden. In diesem Fall also zusätzlich per E-Mail an alle Mitarbeiter, welche bereits das Wahlausschreiben per E-Mail erhalten hatten.
Dennoch reicht dieser Verstoß nicht für die Ungültigkeitserklärung der Betriebsratswahl aus. Dafür müsste, bei einer hypothetischen Betrachtungsweise der Wahl ohne den Verstoß gegen wesentliche Wahlvorschriften, zwingend das Wahlergebnis ein anderes sein. Zu dieser Ansicht kommen die Richter nicht.
Fehlerhafte Fristsetzung
Ein weiterer Punkt führte zur Ungültigkeit der Betriebsratswahl. Der Wahlvorstand hatte dem Vertreter der 3. Liste „unter Verstoß gegen § 7 Abs. 2 Satz 2, § 8 Abs. 2 letzter Halbsatz WO zur Nachbesserung der Gültigkeitsmängel“ eine Frist gesetzt, „die die dort geregelte Drei-Tages-Frist überschritt und nicht auszuschließen ist, dass das Wahlergebnis hierauf beruht.“ Der Wahlvorstand hätte also den 06. April als Fristende angeben müssen und nicht den 09. April. Damit ist nach Ansicht der Richter die Wahlanfechtung bereits ausreichend begründet.
Textform reicht nicht aus
Die Nichtzulassung der Vorschlagsliste aufgrund der fehlenden Schriftform der Zustimmung war hingegen rechtens. Eine reine Textform nach § 126b BGB genügt nicht, da „besonderes Bedürfnis nach der Gewährleistung der Echtheit und Ernsthaftigkeit der Zustimmungserklärung des Wahlbewerbers zur Aufnahme in eine Vorschlagsliste“ besteht.
Quelle: BAG, 20.10.2021, 7 ABR 36/20