Umgang mit Überstunden bei Freistellung Urteil Arbeitsrecht KK

Umgang mit Überstunden bei Freistellung

Freistellung von der Arbeitsleistung bei Kündigung - dürfen hier die Überstunden angerechnet werden?

Angefallene Überstunden können entweder durch Freizeitausgleich oder durch entsprechende finanzielle Vergütung abgegolten werden. Auch Lebensarbeitszeitkonten sind hierbei eine Möglichkeit.

Doch endet das Arbeitsverhältnis durch Kündigung, dann stellt sich die Frage, wie mit den angefallenen Überstunden umzugehen ist. Denn oftmals werden Arbeitnehmer nach Zugang der Kündigung von der Arbeit freigestellt. Dürfen hierfür die Überstunden genutzt werden? Dazu hat nun das Bundesarbeitsgericht eine Entscheidung getroffen.

Nach Vergleich: Freistellung von der Arbeitsleistung


Die Klägerin war bei der Beklagten als Sekretärin beschäftigt. Nachdem sie die fristlose Kündigung erhalten hatte, kam es 2016 zum Kündigungsschutzprozess. Darin wurde ein Vergleich geschlossen, wonach das Arbeitsverhältnis durch ordentliche Arbeitgeberkündigung mit Ablauf des 31.01.2017 endete. Bis zu diesem Zeitpunkt wurde die Klägerin unwiderruflich von der Pflicht zur Erbringung der Arbeitsleistung unter Fortzahlung der Vergütung freigestellt.

Der noch bestehende Urlaubsanspruch sollte in der Freistellungszeit genutzt werden. Allerdings wurde keine allgemeine Abgeltungs- bzw. Ausgleichsklausel im Vergleich geschlossen.

Nachdem das Arbeitsverhältnis beendet war, forderte die Klägerin die Abgeltung von 67,10 Gutstunden. Das Arbeitsgericht gab der Klage und somit der Forderung von 1.317,28 Euro brutto statt. Das Landesarbeitsgericht änderte diese Entscheidung allerdings nach Berufung der Beklagten und lehnte die Klage ab.

BAG entscheidet: Klare Aussage ist notwendig


Doch der fünfte Senat des BAG beurteilte diese Frage anders und die Revision der Klägerin wurde stattgegeben. Die Gutstunden der Klägerin sind nach Ende des Arbeitsverhältnisses nicht mehr durch Freizeit auszugleichen. Somit sind sie finanziell abzugelten.

Nur wenn in einem gerichtlichen Vergleich klar bestimmt wird, dass die folgende Freistellung des Arbeitnehmers von der Arbeitspflicht zum Abbau dessen Gutstunden auf dem Arbeitszeitkonto dient, können die Überstunden reduziert werden. Nach Ansicht des BAG muss der Arbeitnehmer erkennen können, dass der Arbeitgeber ihn zur Erfüllung des Anspruchs auf Freizeitausgleich von der Arbeitspflicht freistellt.

Das war im vorliegenden Fall nicht geschehen. Im Vergleich sei weder ausdrücklich noch konkludent hinreichend (Anmerkung: konkludent– schlüssig durch Handlung) deutlich festgehalten, dass die Freistellung auch dem Abbau des Arbeitszeitkontos dienen bzw. mit ihr der Freizeitausgleichsanspruch aus dem Arbeitszeitkonto erfüllte sein sollte.

Vorinstanz: LArbG Hamm, Urteil vom 19.06.2018, 12 Sa 218/18

 

Quelle: Pressemitteilung des BAG, 20.11.2019