Katholischer Arzt von seinem katholischen Arbeitgeber wegen seiner Religion diskriminiert_Beitrag

Kündigung eines katholischen Arztes nach erneuter Heirat

Eine unterschiedliche Behandlung der leitenden Angestellten in einem der römisch-katholischen Kirche verbundenen Krankenhaus in Bezug auf ihre Religionszugehörigkeit ist nur dann zulässig, wenn sich das aufgrund der Art der jeweiligen beruflichen Tätigkeit ausreichend begründen lässt.

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Erneute Heirat verstößt gegen Arbeitsvertrag

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Der Chefarzt aus Düsseldorf war 2009 gekündigt worden, weil er nach seiner standesamtlichen Scheidung zum zweiten Mal geheiratet hatte. Zur Begründung führte die Arbeitgeberin an, dass er seine Loyalitätspflichten verletzt habe, denn nach katholischem Verständnis sei eine zweite Ehe ungültig. Da er gegen einen entsprechenden Passus in seinem Arbeitsvertrag verstoßen habe, sei es der Arbeitgeberin nicht länger zuzumuten, das Arbeitsverhältnis aufrecht zu erhalten.

Dieser Fall ist von grundsätzlicher Bedeutung, weil er die im Grundgesetz verankerte Sonderstellung der Kirchen in Deutschland betrifft, die ihnen ein Selbstbestimmungsrecht bei ihren Angelegenheiten garantiert.

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Kirchliches Selbstbestimmungsrecht sei nicht ausreichend beachtet

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Der gekündigte Chefarzt klagte vor dem Arbeitsgericht gegen seine Kündigung und berief sich ebenfalls auf das Grundgesetz, allerdings auf den Schutz der Ehe und Familie. Er gewann in erster und zweiter Instanz vor dem Arbeits- und Landesarbeitsgericht. Daraufhin rief die beklagte Arbeitgeberin das Bundesarbeitsgericht an, das aber die Revision nicht zuließ. Nun rief sie das Bundesverfassungsgericht an, weil es die verfassungsmäßige Sonderstellung der Kirche verletzt sah. 2014 urteilte dieses, dass die Kündigung rechtens sei, weil Arbeitsgerichte das kirchliche Selbstverständnis nur eingeschränkt überprüfen dürften (Az.: 2 BvR 661/12).

Der Kölner Erzbischof begrüßte damals den Richterspruch und fand, dass das Urteil der Kirche Rechtssicherheit bei der Auswahl der kirchlichen Mitarbeiter und bei deren Beschäftigungsbedingungen gebe.

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Unterschiedliche Behandlung von leitenden Angestellten verstößt gegen das AGG

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Somit wurde das Verfahren an das Bundesarbeitsgericht mit dem Hinweis zurückverwiesen, die „Bedeutung und Tragweite des kirchlichen Selbstbestimmungsrechts“ hinreichend zu beachten.

Das Bundesarbeitsgericht wandte sich daraufhin 2016 an den Europäischen Gerichtshof mit der Frage, ob ein kirchlicher Arbeitgeber unterschiedliche Loyalitätsanforderungen an seine leitenden Angestellten stellen dürfe. Denn die beklagte Arbeitgeberin hatte in der Vergangenheit bei leitenden Angestellten, die anderen Kirchen angehörten oder konfessionslos waren, eine zweite Ehe geduldet. Demnach war jetzt zu klären, ob der gekündigte Chefarzt möglicherweise wegen seiner Religion unzulässig diskriminiert worden war.

Aufgrund der Stellungnahme des EuGH wies das Bundesarbeitsgericht die Revision jetzt mit Urteil vom 20. Februar 2019 (Aktenzeichen 2 AZR 746/14) zurück. Es verwies darauf, dass die Vereinbarung im Arbeitsvertrag des Arztes unwirksam sei und eine unzulässige Diskriminierung nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz darstelle.

Obwohl die katholische Kirche ihr Arbeitsrecht inzwischen liberalisiert habe, wie das Erzbistum Köln mitteilte, könnte das Urteil auf die Arbeitsverhältnisse von 1,4 Millionen Menschen Auswirkungen haben.

Zur Frage, ob der Chefarzt auch auf Weiterbeschäftigung geklagt hatte und dadurch möglicherweise in dem zehn Jahre andauernden Rechtsstreit Anspruch auf Weiterzahlung seiner Bezüge haben könnte, wurde nichts bekannt.

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