Kündigung

Bei Bewerbung – müssen Altlasten angegeben werden?

Das Bundesarbeitsgericht entschied mit seinem Urteil vom 20.03.2014, dass ein Bewerber bereits im Bundeszentralregister getilgte Vorstrafen beim Bewerbungsverfahren dem zukünftigen Arbeitgeber nicht offenlegen muss. Eine ordentliche Kündigung oder Anfechtung des Arbeitsverhältnisses wegen arglistiger Täuschung ist somit nicht gerechtfertigt.

Der Kläger hatte sich 2010 für eine Stelle im allgemeinen Vollzugsdienst beworben und gab auf Nachfrage an, keine Vorstrafen zu besitzen und das ihm keine Ermittlungsverfahren anhängig sind oder waren. Nach Antritt der Stelle wurde dem Arbeitgeber bekannt, dass der Bewerber im Juli 2003 wegen Körperverletzung und Betrugs zu einer Jugend-Bewährungsstrafe von sechs Monaten verurteilt wurde. Außerdem gab es acht Ermittlungsverfahren, die aber alle eingestellt wurden. Daraufhin kündigte der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis und focht es wegen arglistiger Täuschung an, wohingegen der Kläger sich mit einer Kündigungsschutzklage wehrte.

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BAG entscheidet zu Gunsten des Klägers

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„Verurteilungen, die im Bundeszentralregister getilgt sind, braucht ein Stellenbewerber auf die pauschale Frage nach dem Vorliegen von Vorstrafen auch dann nicht anzugeben, wenn er sich um eine Stelle im Justizvollzugsdienst bewirbt.“

Das BAG entschied zu Gunsten des Klägers. Der Arbeitgeber sei nicht berechtigt gewesen, das Arbeitsverhältnis wegen arglistiger Täuschung nach §123 Abs. 1 BGB anzufechten. Dem Bewerber sei keinerlei Arglist vorzuwerfen, da zum Zeitpunkt der Bewerbung alle Strafen aus dem Bundeszentralregister getilgt waren. Danach darf sich der Verurteilte gemäß § 53 Abs. 1 Nr. 2 des Bundeszentralregistergesetzes gegenüber Behörden oder Privatpersonen als unbestraft bezeichnen. Zudem darf nach § 51 Abs. 1 BZRG dem Betroffenen die Vorstrafe nicht mehr vorgehalten und nicht zu seinem Nachteil verwertet werden.

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Kein schutzwürdiges Interesse

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Des Weiteren entschied das Gericht, das der Arbeitgeber kein schutzwürdiges Interesse an der Offenbarung von bereits getilgten Vorstrafen habe. Es können natürlich Zweifel an der Rechtstreue aus einer strafrechtlichen Verurteilung begründet werden, dies gelte aber nicht für bereits getilgte Strafen. Auch müssen die Persönlichkeits- und Datenschutzrechte des Bewerbers beachtet werden.

Ebenso verhalte es sich mit den eingestellten Ermittlungsverfahren. Das Gericht sah auch hier keine arglistige Täuschung begründet, da kein berechtigtes Interesse an der Offenbarung durch den Arbeitgeber bestünde. Zudem gelte selbst bei einer Einstellung nach § 153 Abs. 1 BGB die Unschuldsvermutung.

Aus diesen Gründen sah das Gericht ebenfalls die ordentliche Kündigung als unwirksam an, da sie sozial ungerechtfertigt (nach § 1 Abs. 1 und Abs. 2 KschG) gewesen sei. Der Kläger habe seine Aufklärungspflicht nicht verletzt.

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Quelle: BAG, Urteil vom 20.03.2014,  2 AZR 1071/12 

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