Urteil

Kritik am Arbeitgeber rechtfertigt keine fristlose Entlassung

In einem Senioren- und Pflegezentrum sollte ohne vorherige Beteiligung des Betriebsrates durch entsprechende Technik überwacht werden, wie lange die Mitarbeiter/innen benötigten um Klingelrufen nachzukommen. Dies veranlasste einen Pfleger, der bereits rund 20 Jahre dem Betriebsrat des Unternehmens angehörte, zu einer äußerst kritischen E-Mail an den Einrichtungsleiter und die Aufsichtsratsmitglieder. Darin hieß es u. a.: „Die Überwachung in einem totalitären Regime haben wir vor 70 Jahren hinter uns gebracht, auch wenn hier im Kleineren gehandelt wird, so ist dies der Anfang von dem was dann irgendwann aus dem Ruder laufen kann. (…)“.

 

Betriebsrat und Arbeitsgerichte weisen Kündigung zurück

Daraufhin erhielt der Pfleger eine fristlose Kündigung, der der Betriebsrat allerdings nicht zustimmte. Auf Begehren der Arbeitgeberin befasste sich das Landesarbeitsgericht Düsseldorf mit dem Fall und wies – ebenso wie zuvor schon das Arbeitsgericht Oberhausen – die fristlose Kündigung zurück. Zwar sei zutreffend, dass ein Vergleich betrieblicher Verhältnisse mit dem nationalsozialistischen Terrorregime in der Regel ein Grund für eine fristlose Kündigung ist, eine solche Gleichsetzung enthalte die fragliche E-Mail aber nicht; vielmehr habe das Betriebsratsmitglied lediglich vor einer möglichen künftigen Entwicklung gewarnt. Eine solche Äußerung sei von der Meinungsfreiheit geschützt.

Eine Rechtsbeschwerde gegen das Urteil wurde nicht zugelassen.

 

Quelle: Landesarbeitsgericht Düsseldorf, Beschluss vom 04.03.2016 – 10 Ta BV 102/15 Arbeitsgericht Oberhausen, Beschluss vom 29.07.2015 – 3 BV 15/15