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Wegeunfall kann auch bei Umweg vorliegen

Vor Unfällen auf dem Weg zur Arbeit ist niemand gefeit – vor allem dann nicht, wenn schwierige Wetterverhältnisse das Wegerisiko erhöhen. Manchmal stellt sich dann ein Umweg als sicherer heraus. Doch wie verhält es sich, wenn der Umweg von einem dritten Ort aus angetreten wurde und er zudem erheblich länger als der eigentliche Fahrweg ist?

Das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen hat entschieden: Ein von der gesetzlichen Unfallversicherung gedeckter Wegeunfall liegt auch dann vor, wenn aufgrund unzumutbarer Straßenverhältnisse ein erheblich längerer Berufsweg von einem dritten Ort aus gewählt wird.

Wie kam es zu diesem Entschluss?


Die Klägerin in diesem Fall hat normalerweise einen Fahrweg von 26 Kilometern von ihrer Wohnung aus bis zur Arbeitsstelle. Am Unfalltag fuhr sie jedoch von der Wohnung ihres Freundes aus zur Arbeit, obwohl sich die Länge der Strecke damit auf bis zu 101 Kilometer (je nach Route) erhöhte. Sie hatte aufgrund der schlechten Wetterverhältnisse aus Sicherheitsgründen am Abend zuvor bei ihm übernachtet. Nach einem Unfall auf winterglatter Straße lehnte die Berufsgenossenschaft den Unfall als Arbeitsunfall (Wegeunfall) ab, da der Weg von der Wohnung des Freundes in keinem angemessenen Verhältnis zum eigentlichen Berufsweg stand.

Ein Wettergutachten klärt auf


Das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen (LSG) hat diesbezüglich ein Gutachten des Deutschen Wetterdienstes eingeholt: Demzufolge hatte es am Abend vor dem Unfall auf der Strecke zwischen der Wohnung des Freundes und der Klägerin mehrfach geschneit. Zusätzlich kam es durch Temperaturunterschiede zu vereisten Stellen durch überfrierende Nässe.

Zustand der Straßen darf nicht missachtet werden


Aufgrund der Straßenverhältnisse hat das LSG die Entscheidung der Berufsgenossenschaft und des Sozialgerichts aufgehoben und entschieden, das die Klägerin unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung stand. Der Arbeitsweg war zwar fast um ein Vierfaches länger als sonst, doch der Unfall sei – entgegen der Ansicht der Berufsgenossenschaft – nicht nur auf die Länge des Fahrweges abzustellen, sondern auf die Umstände dieses Einzelfalls.

Demnach gibt es keine mathematische Angemessenheitsformel, da die Angemessenheitsbeurteilung im Fall der Klägerin den Zustand der Straßen nicht missachten darf. Daher muss die Anwendung der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zum Unfallversicherungsschutz auch eine längere Strecke aufgrund eines Umweges als betriebsbedingt ansehen, wenn er zwecks sachlich nachvollziehbarer Umstände eingeschlagen wurde: In diesem Fall war die Entscheidung der Klägerin im Hinblick auf die Wetterlage angebracht, obwohl sich der Arbeitsweg deshalb verlängert hatte.

 

Quelle: LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 04.08.2014, Az.: L 3 U 50/12