Verstoß gegen Verschwiegenheitspflicht einer Arzthelferin

Verstoß gegen Verschwiegenheitspflicht einer Arzthelferin

Die Weitergabe von Patientendaten an unbefugte Dritte ist ein schwerwiegender Verstoß gegen die arbeitsvertragliche Verschwiegenheitspflicht. Sollte es aber vorerst zur Abmahnung kommen oder ist eine fristlose Kündigung möglich?

Im zugrundeliegenden Fall hatte eine Arzthelferin im Oktober 2015 die elektronische Akte einer Patientin aufgerufen, diese am Computer abfotografiert und an ihre Tochter mit den Worten „Mal sehen, was sie schon wieder hat“ versendet. Beide Personen waren mit der Patientin persönlich bekannt.

Die Patientenakte enthielt unter anderem Informationen zum Namen und Geburtsdatum der Patientin sowie zu den untersuchten Körperbereichen. Die Arbeitgeberin erfuhr von diesem Vorfall und stellte die Arzthelferin zur Rede. Diese gab das Fehlverhalten zu und erhielt daraufhin die fristlose Kündigung. Dagegen erhob sie Kündigungsschutzklage, da sie der Meinung war, dass eine Abmahnung durchaus genügt.

Arbeitsgerichte entscheiden: Kündigung ist rechtens


Sowohl das AG Mannheim als auch das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg entschieden, dass die Kündigung rechtens ist und es keiner vorherigen Abmahnung bedurfte. Die Klägerin habe ihre arbeitsvertragliche Pflicht, Patientendaten geheim zu halten, verletzt. Außerdem hat sie den Straftatbestand der Verletzung von Privatgeheimnissen gemäß § 203 Abs. 1 StGB erfüllt. Die Richter sahen im Handeln der Frau Vorsatz. Denn sie gab an, sich nichts dabei gedacht zu haben. Damit habe sie die Möglichkeit einer erheblichen Vertragsverletzung billigend in Kauf genommen. Vielmehr hat es sie nicht gekümmert, ob sie die Daten zwecks Befriedigung familiärer Neugierde habe weitergeben dürfen.

Vertrauensvolles Verhältnis zwischen Arzt und Patient muss gewährleistet werden


Nach Ansicht des Landesarbeitsgerichts war die Kündigung ohne Abmahnung nicht unverhältnismäßig gewesen. Eine Abmahnung hätte das Vertrauen in die Diskretion der Arzthelferin nicht herstellen können.  Zudem ist, für ein vertrauensvolles Verhältnis von Patient und Arzt, die Gewährleistung der ärztlichen Schweigepflicht durch das nichtärztliche Personal grundlegend. Betreiber medizinischer Einrichtungen haben daher ein gewichtiges Interesse daran, dass dieses Vertrauen möglichst schnell wiederhergestellt werde.

 

Quelle: Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 11.11.2016, 12 Sa 22/16