Auch Betriebsräte müssen die Persönlichkeitsrechte beachten_Urteil Personalgespräch

Auch Betriebsräte müssen die Persönlichkeitsrechte beachten

„Der Betriebsrat kann bei einem Personalgespräch auf Wunsch des Arbeitnehmers hinzugezogen werden“ – laut Betriebsverfassungsgesetz ist dies in verschiedenen Fällen zulässig.  Zum Beispiel bei Änderungen von Arbeitsabläufen, Regelungen zum Arbeitsentgelt und beruflichen Perspektiven, Einsicht in die Personalakte oder bei Beschwerden (siehe §§ 81 – 84 BetrVG).

Doch hierzu muss es den ausdrücklichen Wunsch des Arbeitnehmers geben. Wie verhält es sich nun aber, wenn in einer Betriebsvereinbarung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat festgelegt wurde, dass der Betriebsrat IMMER zum Gespräch einzuladen ist?

Zu solch einem Fall hatte das Bundesarbeitsgericht abschließend zu entscheiden.

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Einladung des Betriebsrates zum Personalgespräch

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Der Arbeitgeber betreibt ein Berufsförderungswerk mit rund 300 Mitarbeitern. Der dortige Betriebsrat hat mit dem Arbeitgeber 2002 eine „Rahmenbetriebsvereinbarung zur Unternehmens-, Organisations- und Personalentwicklung“ (RBV) geschlossen. Darin enthalten war eine Regelung, dass der Betriebsrat zu Gesprächen zwischen Geschäftsleitung, Abteilungsleitung und den Arbeitnehmern bei disziplinarischen (arbeitsrechtlichen) Maßnahmen immer gleichzeitig einzuladen ist.

Im Herbst 2015 teilte der Arbeitgeber mit, dass diese Regelung gegen das allgemeine Persönlichkeitsrecht von Arbeitnehmern verstoße. Seitdem wurde der Betriebsrat zu den Gesprächen nicht mehr eingeladen.

Die dagegen gerichtete Klage vor dem Arbeitsgericht hatte keinen Erfolg, das Landesarbeitsgericht hingegen gab dem Betriebsrat Recht. Dagegen legte der Arbeitgeber Rechtsbeschwerde ein und forderte die Herstellung der erstinstanzlichen Entscheidung.

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Regelung verstößt gegen das Allgemeine Persönlichkeitsrecht

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Das BAG gab dem Arbeitgeber Recht. Nach Ansicht der Richter verstoßen die Regelungen der RBV gegen § 75 Abs. 2 BetrVG i. V. m. Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG.

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§ 75 Grundsätze für die Behandlung der Betriebsangehörigen (BetrVG)

… (2) Arbeitgeber und Betriebsrat haben die freie Entfaltung der Persönlichkeit der im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer zu schützen und zu fördern. Sie haben die Selbständigkeit und Eigeninitiative der Arbeitnehmer und Arbeitsgruppen zu fördern.

Artikel 2 Grundgesetz

(1)    Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

Art 1 Grundgesetz

(1)    Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

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Beide Parteien hätten mit dieser Regelung, die ihnen „obliegende Pflicht verletzt, die freie Entfaltung der Persönlichkeit der im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer zu schützen und zu fördern“.

Verstöße gegen das Allgemeine Persönlichkeitsrecht sahen die Richter in der gleichzeitigen Einladung des gesamten Gremiums. So wurden alle Mitglieder des Gremiums automatisch darüber in Kenntnis gesetzt, dass eine disziplinarische Maßnahme aufgrund eines (etwaigen) Fehlverhaltens des Mitarbeiters droht. Zudem konnte der Mitarbeiter dadurch nicht selbst bestimmen, welches BR-Mitglied am Gespräch teilnehmen soll, bzw. ob er den Betriebsrat überhaupt dabeihaben möchte. Außerdem fehlte dem Gericht eine Pflicht zur Verschwiegenheit durch den Betriebsrat.

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 Quelle: BAG vom 11.12.2018, 1 ABR 12/17