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Ein zentraler Grundsatz im Arbeitsrecht lautet: „Ohne Arbeit kein Lohn.“ Doch was gilt, wenn äußere Umstände wie Schnee, Glätte oder Streiks den Arbeitsweg erschweren? Was passiert, wenn Minusstunden entstehen oder Teilzeitkräfte betroffen sind? Und welche Rechte haben Beschäftigte bei Wegeunfällen, insbesondere bei notwendigen Umwegen? Wir informieren zu diesen und weiteren Fragen.
Das Wegerisiko liegt beim Arbeitnehmer
Das sogenannte „Wegerisiko“ liegt rechtlich beim Arbeitnehmer. Das bedeutet, dass der Arbeitgeber nicht verpflichtet ist, den Lohn zu zahlen, wenn Arbeitnehmer aufgrund von Witterungsbedingungen, Streiks im öffentlichen Verkehr oder anderen unvorhersehbaren Hindernissen verspätet oder gar nicht zur Arbeit erscheinen können.
Wichtig: Dieser Grundsatz gilt unabhängig davon, ob der Arbeitnehmer eine Schuld an der Verspätung oder dem Nichterscheinen trägt (BAG, Urteil vom 8. September 1982 – 5 AZR 283/80). Arbeitnehmer sind jedoch verpflichtet, den Arbeitgeber unverzüglich über eine Verspätung oder ein Fernbleiben zu informieren. Unterbleibt dies, kann eine Abmahnung gerechtfertigt sein.
Unterschied „Wegerisiko“ und „Betriebsrisiko“
Während beim Wegerisiko der Arbeitnehmer meist keinen Anspruch auf Lohnfortzahlung hat, sieht es beim Betriebsrisiko anders aus. Gemäß § 615 Satz 1, 3 BGB trägt der Arbeitgeber das Risiko, wenn der Betrieb aufgrund externer Faktoren wie Naturkatastrophen oder behördlicher Anweisungen (BAG, Urteil vom 13. Oktober 2021 – 5 AZR 211/21) geschlossen werden muss. In diesem Fall bleibt der Lohnanspruch der Arbeitnehmer bestehen.
Beispiel: Ein Betrieb muss wegen einer Schneekatastrophe geschlossen bleiben. Da die Arbeitnehmer ihre Arbeitsleistung aus betrieblichen Gründen nicht erbringen können, bleibt der Arbeitgeber zur Zahlung des Arbeitsentgelts verpflichtet.
Keine Abmahnung bei witterungsbedingtem Fernbleiben
Ein Nichterscheinen aufgrund unzumutbarer Witterungsverhältnisse wie starkem Schneefall ist kein Grund für eine Abmahnung oder Kündigung. Arbeitnehmer sollten jedoch umgehend den Arbeitgeber informieren und gemeinsam klären, ob Überstunden abgebaut oder ein Urlaubstag genommen werden kann. Alternativ kann, soweit vertraglich geregelt, auch Homeoffice bzw. mobile Arbeit eine Lösung darstellen.
Minusstunden: Was passiert, wenn Arbeitszeit versäumt wird?
Wenn ein Arbeitnehmer verspätet am Arbeitsplatz erscheint oder wegen widriger Umstände nicht arbeiten kann, können Minusstunden entstehen.
Wichtige Hinweise:
- Vertragliche Regelungen prüfen: Ob Minusstunden verbucht werden dürfen, hängt von den Regelungen im Arbeits- oder Tarifvertrag ab. Ohne eine ausdrückliche Regelung darf der Arbeitgeber keine Minusstunden anordnen.
- Teilzeitkräfte: Für Teilzeitkräfte gelten die gleichen Regeln wie für Vollzeitbeschäftigte. Aufgrund ihrer geringeren Arbeitszeit fallen Minusstunden jedoch schneller ins Gewicht.
- Nachholen der Arbeitszeit: Arbeitnehmer können in Absprache mit dem Arbeitgeber versäumte Stunden nacharbeiten. Dies muss jedoch freiwillig erfolgen und darf nicht einseitig vom Arbeitgeber verlangt werden.
Homeoffice bzw. mobile Arbeit als Lösung für Arbeitsausfälle
In Berufen, bei denen Homeoffice bzw. mobile Arbeit möglich sind, können diese Optionen eine flexible Lösung darstellen, um Arbeitsausfälle zu vermeiden. Arbeitgeber und Arbeitnehmer sollten im Voraus klären, ob und unter welchen Bedingungen Homeoffice bzw. mobile Arbeit genutzt werden kann.
Wichtig: Ein allgemeines Recht auf Homeoffice bzw. mobile Arbeit bestehen nach aktueller Rechtslage nicht. Die Möglichkeit muss vertraglich oder durch eine Betriebsvereinbarung geregelt sein.
Unfall auf dem Arbeitsweg: Wegeunfall, Umwege und Versicherungsschutz
Ein Wegeunfall, wie ein Sturz auf glatten Straßen oder ein Verkehrsunfall auf dem Weg zur Arbeit, ist durch die gesetzliche Unfallversicherung abgedeckt (§ 8 SGB VII).
Was gilt für Umwege?
- Direkter Arbeitsweg: Der Versicherungsschutz greift grundsätzlich nur für den direkten Weg zwischen Wohnung und Arbeitsstätte.
- Witterungsbedingte Umwege: Ist der direkte Weg aufgrund von Glätte oder Straßensperrungen nicht passierbar, bleibt der Versicherungsschutz auch auf einem objektiv gerechtfertigten Umweg bestehen. Persönliche Erledigungen (z. B. Einkäufe) sind jedoch nicht versichert. Weiter Ausnahmen sind: Zwischenstopp aus beruflichen Grund, notwendige Umwege zur Kinderbetreuung, Umweg durch Fahrgemeinschaften.
- Meldung des Unfalls: Ein Wegeunfall muss unverzüglich dem Arbeitgeber gemeldet werden, damit die Unfallkasse oder Berufsgenossenschaft den Fall prüfen kann.
Wann besteht die Möglichkeit der Lohnfortzahlung auf Grundlage von § 616 BGB?
Ein Anspruch auf Lohnfortzahlung besteht, wenn sogenannte „persönliche Verhinderungsgründe“ (§ 616 BGB) vorliegen. Der Arbeitgeber bleibt dann zur Zahlung verpflichtet, wenn der Arbeitnehmer „für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit durch einen in seiner Person liegenden Grund ohne eigenes Verschulden an der Arbeitsleistung verhindert ist“.
Beispiele persönlicher Verhinderungsgründe:
- Heirat des Arbeitnehmers
- Umzug in eine neue Wohnung
- Behördengänge
- Zeugenaussagen vor Gericht
- Pflege eines im Haushalt lebenden, erkrankten Kindes (bis 12 Jahre, mit ärztlicher Bescheinigung)
Als Dauer des Fernbleibens werden je nach Einzelfall ein bis fünf Tage als verhältnismäßig angesehen.
Wichtig: Der Anspruch auf Lohnfortzahlung nach § 616 BGB kann durch arbeits- oder tarifvertragliche Regelungen ausgeschlossen werden.
Schneefall und § 616 BGB
Schneefall oder Glätte betreffen in der Regel mehrere Arbeitnehmer einer Region und stellen somit keine persönlichen Verhinderungsgründe dar. Daher fällt diese Situation nicht unter den Anwendungsbereich von § 616 BGB und damit besteht kein Anspruch auf Lohnfortzahlung.
Fazit: Klare Regelungen und offene Kommunikation
Ob witterungsbedingte Arbeitsausfälle, Minusstunden, Wegeunfälle oder persönliche Verhinderungsgründe – klare vertragliche Regelungen und offene Kommunikation zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer sind entscheidend, um Missverständnisse zu vermeiden. Flexible Arbeitszeitmodelle, Homeoffice oder Nachholmöglichkeiten können helfen, Arbeitsausfälle zu minimieren. Bei Fragen oder Unklarheiten sollte frühzeitig das Gespräch gesucht werden, gegebenenfalls unter Einbeziehung des Betriebsrats.
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