Vergütungspflicht von Pausenzeiten - Wann gilt die Pause als Arbeitszeit? Entscheidung des BAG
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Vergütungspflicht von Pausenzeiten

Wann gelten Pausen als vergütungspflichtige Arbeitszeit?

Kann der Arbeitnehmer während seiner Arbeitszeit keine gesetzlich vorgeschriebenen Ruhepausen einlegen, können dem Arbeitgeber arbeitsrechtliche Konsequenzen drohen. Dies umfasst unter anderem die Möglichkeit von behördlichen Maßnahmen, Bußgeldern oder arbeitsrechtlichen Ansprüchen des Arbeitnehmers, wie beispielsweise Schadensersatz oder Unterlassungsansprüche.

Doch wie verhält es sich, wenn der Arbeitnehmer die Pausen antritt und sich dort aber aufgrund subjektiver Wahrnehmung gestresst und nicht erholt fühlt? Hat er dann ein Recht auf finanzielle Entschädigung dieser nicht erholsamen Pausenzeit? Dieser Frage musste der 5. Senat des Bundesarbeitsgerichts nachgehen. Unter welchen Umständen gelten Pausen als vergütungspflichtige Arbeitszeit?

Der Fall des Produktionsmitarbeiters: Klage wegen nicht erholsamer Pausen

Geklagt hatte ein Produktionsmitarbeiter, welcher bei der Beklagten im Zeitraum 1988 bis 2022 beschäftigt war. Dort war er im 3-Schicht-System tätig. Die tägliche Arbeitszeit ohne Pausen betrug werktags 7 Stunden und 40 Minuten und am Sonntag 11 Stunden und 25 Minuten. Im Durchschnitt arbeitete er wöchentliche 32,18 Stunden. Für den Differenzausgleich zur tariflichen Vollarbeitszeit von 35 Stunden vereinbarten die Betriebsparteien zusätzlich 19,18 sog. Einbringschichten pro Jahr mit einer Arbeitszeit von 7 Stunden und 40 Minuten. Dazu gab es laut Betriebsvereinbarung für jeden Arbeitnehmer im Schichtsystem pauschal 7,5 Einbringstunden pro Jahr für die Beibehaltung der flexiblen Pausengestaltung gutgeschrieben. Außerdem wurde in der Betriebsvereinbarung festgelegt, dass nur aus dringenden Gründen Mitarbeiter ihre abgesprochene Pause unterbrechen müssen. Danach muss der Rest der Pause genommen werden können.

Im Verfahren gab der Kläger an, dass er seine Pausen in der Regel in der Kantine des Betriebs verbrachte. Dort befand sich ein Monitor, der eventuelle Störungen an Maschinen durch tonloses Blinken anzeigte.

Mit seiner Klage forderte er nun Vergütung der von ihm im Zeitraum Juli bis Dezember 2021 genommenen Ruhepausen. Er vertrat die Ansicht, dass die im Betrieb vorgeschriebenen Pausen als vergütungspflichtige Arbeitszeit zu werten sind, da sie die Arbeitszeit unterbrachen, aber gleichzeitig eine Anwesenheit im Betrieb verlangten. Außerdem habe er sich während seiner Pausen in der Kantine in „Daueralarmbereitschaft“ befunden, da der Monitor jeden Augenblick ein Störungssignal hätte von sich geben können, sodass er seine Pause hätte unterbrechen müssen. Diese dauerhafte „Hab-Acht-Stellung“ hätte dem Erholungseffekt der Pause entgegengestanden.

Keine Vergütungspflicht für Pausen

Dagegen wehrte sich die Beklagte. Sie erklärt, dass das Arbeitszeitmodell, das sie gemeinsam mit dem Betriebsrat vereinbart hat, dafür sorgt, dass die gesetzlichen Ruhepausen des Klägers keine regulären Arbeitszeiten ersetzen. Die Pausen führen nicht dazu, dass die Arbeitszeit insgesamt verkürzt wird, wie es in einer speziellen Vereinbarung im Tarifvertrag (§ 5 Nr. 5.5.7 GMTV) gefordert wird. Darüber hinaus meint die Beklagte, dass auch das europäische Recht (Unionsrecht) in diesem Fall nichts an ihrer Argumentation ändern könne. Zudem habe der Kläger seine Pause nicht in der Kantine verbringen müssen, um auf eine eventuelle Störung der Maschine zu reagieren.

Sowohl das Arbeitsgericht als auch das Landesarbeitsgericht  wiesen die Klage ab. Mit seiner Revision verfolgt der Kläger sein Zahlungsbegehren weiter.

Das Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG): Keine Vergütungspflicht für Pausen

Doch auch die Richter des 5. Senats des BAG gaben dem Kläger kein Recht. Der Tarifvertrag sah vor, dass Beschäftigten im Dreischichtbetrieb die Arbeitszeit vergütet wird, die durch gesetzlich vorgeschriebene Ruhepausen "entfällt." Im Fall des Klägers ist jedoch keine "regelmäßige Arbeitszeit" durch die Pausen entfallen. Er hat nachweislich die tarifliche wöchentliche Arbeitszeit von 35 Stunden ohne Pausen erfüllt. Die tarifliche Norm bezog sich auf tatsächlichen Arbeitszeitverlust durch Pausen, was im vorliegenden Fall nicht gegeben war.

Der Kläger argumentierte zudem, dass seine Pausen durch einen Monitor in der Kantine, der Maschinenstörungen anzeigte, eingeschränkt wurden. Das Gericht stellte jedoch fest, dass keine objektive Verpflichtung bestand, die Pausen in der Kantine zu verbringen oder auf Störungen zu reagieren. Die Möglichkeit der Nutzung des Monitors beeinträchtigte nicht seine Freiheit, die Pausen zur Erholung zu nutzen.

Auch die Berufung auf Unionsrecht ist nicht möglich. Denn die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs besagt, dass Pausen nur dann als Arbeitszeit gelten, wenn sie von solchen Einschränkungen begleitet sind, welche die freie Verfügung über die Pausenzeit erheblich beeinträchtigen. Im vorliegenden Fall konnte der Kläger allerdings solche gravierenden Einschränkungen nicht nachweisen.

Das BAG hält auch die Praxis der Beklagten, Pausen flexibel und mit Zustimmung des Betriebsrats festzulegen, für rechtmäßig. Die Pausenordnung entsprach den gesetzlichen Anforderungen, und es wurde keine unbillige Einschränkung des Klägers festgestellt.

 

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 21.08.2024, 5 AZR 266/23

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