Die Mitbestimmung des Betriebsrats im Betrieb;Coloures-Pic_stock.adobe.com
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Die Mitbestimmung des Betriebsrats im Betrieb – Ein Überblick

Wie Betriebsräte Einfluss nehmen – und warum das für Beschäftigte so wichtig ist

Betriebliche Mitbestimmung existiert auf verschiedenen Ebenen: im Betrieb (durch den Betriebsrat), im Unternehmen (Gesamtbetriebsrat, Wirtschaftsausschuss) und im Konzern (Konzernbetriebsrat). Bei EU-weiten Unternehmensstrukturen kommt zudem der Europäische Betriebsrat hinzu. Daneben besteht in größeren Unternehmen noch die Mitbestimmung der Arbeitnehmer auf Unternehmensebene im Aufsichtsrat.

Sinnvollerweise wird Mitbestimmung über Repräsentanten ausgeübt: Die Belegschaft im Betrieb wird durch den Betriebsrat vertreten, während die Mitglieder von Gewerkschaften ihre Interessen bezüglich der Arbeitsbedingungen einer Branche über den Tarifvertrag wahrnehmen lassen.

Die Bedeutung der Mitbestimmung für den Einzelnen

Existiert im Betrieb kein Betriebsrat, müssen Beschäftigte einzeln für ihre Interessen eintreten. Dabei hat, ähnlich wie im Mietrecht, oft der Arbeitgeber die stärkere Verhandlungsposition – das beginnt schon bei der Einstellung. Hier greift der Betriebsrat ein: Ihm müssen die Unterlagen aller Bewerbenden vorgelegt werden, wodurch er Diskriminierungen verhindern kann. Auch bei internen Versetzungen kann der Betriebsrat darauf achten, dass Qualifikation entscheidet und nicht persönliche Vorlieben („Nasen“-Besetzungen).

Schutzfunktion und individuelle Rechte

Die Mitbestimmung wirkt präventiv: Sie beeinflusst Entscheidungen des Arbeitgebers, bevor sie umgesetzt werden. Individuelle Rechte der Arbeitnehmer (z.B. Klage vor dem Arbeitsgericht, Beschwerderecht) bleiben davon unberührt und können zusätzlich relevant sein. Beispiel: Hat eine Kollegin individuelle Arbeitszeiten vertraglich vereinbart, der Arbeitgeber will aber eine neue BV zu Dienstplänen anwenden, muss sie ihren Vertrag selbst durchsetzen – der Betriebsrat kann aber beratend zur Seite stehen.

Was bewirkt die Mitbestimmung konkret?

Die Mitbestimmung durch den Betriebsrat führt zu besseren und faireren Arbeitsbedingungen. Ihre positiven Effekte umfassen:

  • Transparenz: Entscheidungen werden nachvollziehbarer.
  • Sorgfalt: Arbeitgeber planen gründlicher, da sie Maßnahmen kommunizieren und begründen müssen.
  • Augenhöhe: Arbeitnehmer werden vom reinen Objekt des Weisungsrechts zum aktiv mitgestaltenden Subjekt.
  • Geteilte Verantwortung: Der Betriebsrat trägt bei wichtigen Themen (Personalplanung, Arbeitszeit etc.) Verantwortung mit.

Information als Grundlage der Mitbestimmung

"Wissen ist Macht" – das gilt besonders für den Betriebsrat. Ohne ausreichende Informationen können Sie Ihre Rechte nicht effektiv wahrnehmen. Das Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) sieht daher umfangreiche Informationspflichten des Arbeitgebers vor, deren Einhaltung teilweise sogar durch Bußgelder (§ 121 BetrVG) abgesichert ist.

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Die „erzwingbare Mitbestimmung“ und das Weisungsrecht

Ein Kernstück Ihrer Arbeit ist die "erzwingbare Mitbestimmung".

Was bedeutet "erzwingbare Mitbestimmung"? Dies sind die Fälle im BetrVG, bei denen der Betriebsrat ein echtes Vetorecht hat. Kommt keine Einigung mit dem Arbeitgeber zustande, kann die Einigungsstelle angerufen werden. Deren Spruch ersetzt die fehlende Einigung und ist für beide Seiten bindend. Sie erkennen diese Fälle oft an Formulierungen wie "Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung...".

Diese erzwingbare Mitbestimmung schränkt das Weisungsrecht des Arbeitgebers (§ 106 GewO) direkt ein. Sobald der Betriebsrat bei einem Thema mitzubestimmen hat, kann der Arbeitgeber nicht mehr einseitig anweisen. Sichtbares Ergebnis sind oft Betriebsvereinbarungen.

Zentraler Grundsatz: Das Weisungsrecht des Arbeitgebers endet dort, wo das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats beginnt.

Die Rolle der Einigungsstelle und die Verhandlungspflicht

Das Recht, die Einigungsstelle anzurufen, sichert Ihre Mitbestimmung. Es ist ein starkes Instrument, das aber erst zum Zuge kommen sollte, wenn Verhandlungen scheitern.

Denn § 74 BetrVG verpflichtet beide Seiten, „strittige Fragen mit dem ernsten Willen zur Einigung zu verhandeln“. Das erfordert Kompromissbereitschaft. Ihre Aufgabe als Betriebsrat ist es, die Rechte zum Wohl der Belegschaft zu nutzen, nicht aber, jede Einzelmeinung oder Arbeitgeberwünsche ungefiltert durchzusetzen.

Wichtige Mitbestimmungsregelungen im BetrVG (Auswahl)

Hier einige zentrale Bereiche, in denen Sie als Betriebsrat mitbestimmen (die vollständigen Regelungen finden sich im BetrVG):

  • § 87 BetrVG: Mitbestimmung in sozialen Angelegenheiten (z.B. Arbeitszeit, Pausen, Ordnung im Betrieb, Lohngestaltung, Leistungsüberwachung)
  • § 91 BetrVG: Mitbestimmung bei Änderungen von Arbeitsplätzen, -abläufen oder -umgebung, die die Belastung erhöhen
  • § 94 BetrVG: Mitbestimmung bei Personalfragebögen, Formulararbeitsverträgen und Beurteilungsgrundsätzen
  • § 95 BetrVG: Mitbestimmung bei Richtlinien über die personelle Auswahl (Einstellung, Versetzung etc.)
  • § 98 BetrVG: Mitbestimmung bei Maßnahmen der betrieblichen Berufsbildung
  • § 112 BetrVG: Mitbestimmung bei Betriebsänderungen (Interessenausgleich, Sozialplan)
  • § 39 BetrVG: Festlegung von Zeit und Ort der Betriebsrat-Sprechstunden

Die „Dienstanweisung“ in der Praxis – Ihr Vorgehen als Betriebsrat

Ein häufiges Instrument des Arbeitgebers ist die „Dienstanweisung“. Beispiel: Die 30-Minuten-Pause soll künftig in zwei 15-Minuten-Blöcke geteilt werden.

Ihr Vorgehen als Betriebsrat:

  1. Prüfen Sie sofort: Betrifft die Anweisung einen Bereich der erzwingbaren Mitbestimmung? (Im Beispiel: Ja, Pausenregelung nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG).
  2. Fordern Sie den Arbeitgeber auf: Weisen Sie auf Ihr Mitbestimmungsrecht hin und fordern Sie ihn auf, die Anweisung zurückzunehmen und Verhandlungen aufzunehmen (kurze Frist setzen).
  3. Sichern Sie den Status Quo: Weigert sich der Arbeitgeber, können Sie per Gericht eine Unterlassung der Anweisung erwirken (§ 23 Abs. 3 BetrVG). Bis eine neue Einigung (BV) besteht, gilt die alte Regelung!
  4. Verhandeln oder Einigungsstelle anrufen: Scheitern ernsthafte Verhandlungen oder verweigert eine Seite diese, können Sie die Einigungsstelle anrufen. Deren Spruch ist bindend.

Beachten Sie auch andere Gesetze: Verstößt die (alte oder neue) Pausenregelung gegen das Arbeitszeitgesetz, sind Bußgelder (§ 22 ArbZG) oder gar Strafen (§ 23 ArbZG) möglich.

Zusammenspiel mit Gewerkschaften und Tarifverträgen

Achtung: Gibt es eine abschließende Regelung im Tarifvertrag (z.B. zur Pausendauer), hat diese Vorrang vor einer Betriebsvereinbarung (§ 87 Abs. 1 Eingangssatz BetrVG). Ihr Mitbestimmungsrecht entfällt dann in diesem Punkt. Ihre Aufgabe ist es dann, die Einhaltung des Tarifvertrags zu überwachen. Das Zusammenspiel mit den Gewerkschaften ist hier entscheidend.

Fazit: Mitbestimmung aktiv nutzen und gestalten

Die Mitbestimmung ist weit mehr als nur ein gesetzlicher Auftrag – sie ist das zentrale Instrument für Betriebsräte, die Arbeitsbedingungen im Sinne der Beschäftigten aktiv mitzugestalten und ein Gegengewicht zur unternehmerischen Weisungsmacht zu bilden. Von der Sicherung fairer Auswahlverfahren über die Gestaltung von Arbeitszeiten bis hin zur Abfederung wirtschaftlicher Nachteile bei Betriebsänderungen – die Rechte aus dem Betriebsverfassungsgesetz, insbesondere die erzwingbare Mitbestimmung, geben Ihnen wirksame Hebel an die Hand.

Entscheidend für den Erfolg sind dabei der Zugang zu Informationen, die Kenntnis der eigenen Rechte und die konsequente Nutzung der Verfahren, notfalls bis hin zur Einigungsstelle. Begreifen Sie die Mitbestimmung als Ihre Chance und Verpflichtung, die Arbeitswelt demokratischer, fairer und menschlicher zu gestalten. Nutzen Sie die in diesem Artikel dargestellten Grundlagen und vertiefen Sie Ihr Wissen mit unserem Whitepaper – zum Wohle der Belegschaft und zur Stärkung Ihrer Position als Betriebsrat.

FAQ – Häufige Fragen zur Mitbestimmung des Betriebsrats

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