Einseitige Freistellung nach Kündigung – Pflicht zur Jobsuche für Beschäftigte;Looker_Studio_stock.adobe.com
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Einseitige Freistellung nach Kündigung – Pflicht zur Jobsuche für Beschäftigte?

Gerichtsurteil: Keine Pflicht zur frühzeitigen Jobsuche während der Freistellung

Kommt es zu einer ordentlichen Kündigung eines Arbeitnehmers, so ist eine einseitige Freistellung von der Arbeitsleistung bis zum Ablauf der Kündigungsfrist gängige Praxis. Doch darf der Arbeitgeber vom Arbeitnehmer verlangen, sich in der Zeit der Freistellung aktiv um eine neue Anstellung zu kümmern, um zeitnah den Arbeitgeber finanziell zu entlasten?

Das Bundesarbeitsgericht hat zu dieser Frage eine Entscheidung getroffen.

Arbeitgeber stellt Mitarbeiter bis zum Ablauf der Kündigungsfrist frei

Der Kläger war seit November 2019 als Senior Consultant bei der Beklagten beschäftigt. Im März 2023 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis ordentlich zum 30. Juni 2023 und stellte den Kläger unter Anrechnung von Resturlaub unwiderruflich von der Arbeit frei. Im Kündigungsschreiben hieß es unter anderem: „Anderweitige Einkünfte, die Sie im Freistellungszeitraum nach der Abgeltung etwaiger Urlaubs- und Freizeitausgleichsansprüche erzielen, werden gemäß § 615 Satz 2 BGB auf Ihre laufenden Vergütungsansprüche angerechnet.“

Der Arbeitgeber schickte dem Kläger in dieser Zeit insgesamt 43 Stellenangebote aus Jobportalen. Doch erst Ende Juni hatte dieser sich auf ein erstes Angebot beworben. Gleichzeitig hatte er eine Kündigungsschutzklage eingereicht, die auch Erfolg hatte. Sowohl das Arbeitsgericht als auch das Landesarbeitsgericht gaben dem Kläger recht und hoben die Kündigung auf. Die Beklagte weigerte sich dennoch, dem Kläger das Gehalt für Juni 2023 zu zahlen. Der Arbeitgeber war der Ansicht, dass es sich in diesem Fall um böswilliges Unterlassen nach § 615 Satz 2 BGB handelte. Danach entfällt der Vergütungsanspruch, wenn der Anspruchsberechtigte es böswillig unterlässt, anderweitigen Verdienst zu erzielen.

Mit der dagegen gerichteten Klage forderte der Kläger von seinem Arbeitgeber die Lohnzahlung für Juni zuzüglich Verzugszinsen. Die Vorinstanz, das Arbeitsgericht Villingen-Schwenningen, hatte dem Beklagten Recht gegeben. Doch das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg (Urteil vom 3. Mai 2024, 9 Sa 4/24) sah im Verhalten des Klägers keine Böswilligkeit, da dieser nach eigener Aussage erst auf die Entscheidung der Kündigungsschutzklage warten wollte, bevor er sich neu bewirbt.

Dagegen wehrte sich der Beklagte und legte Revision vor dem Bundesarbeitsgericht ein.

Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts zur Jobsuchepflicht

Die Richter des Bundesarbeitsgerichts entschieden jedoch zugunsten des Klägers. Der Beklagte hatte sich aufgrund der einseitigen Freistellung im Annahmeverzug befunden und war daher zur vollständigen Vergütung nach § 615 Satz 1 i.V.m. § 611a Abs. 2 BGB verpflichtet. Eine Anrechnung fiktiven anderweitigen Verdienstes nach § 615 Satz 2 BGB komme nur in Betracht, wenn der Beschäftigte sich böswillig einer Erwerbsmöglichkeit entzogen habe. Dies sei nicht der Fall, wenn sich eine gekündigte Person nicht bereits während der Kündigungsfrist um eine neue Anstellung bemüht.

Das Gericht betonte, dass eine solche Verpflichtung nicht losgelöst von den Arbeitgeberpflichten beurteilt werden kann. Der Beklagte hatte nicht dargelegt, warum es ihm unzumutbar gewesen sein soll, den Kläger während der Kündigungsfrist weiter zu beschäftigen.

Daher bestand keine Verpflichtung des Klägers, vor Ablauf der Kündigungsfrist ein neues Beschäftigungsverhältnis einzugehen, um so den Arbeitgeber finanziell zu entlasten.

 

Quelle: PM Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 12. Februar 2025 – 5 AZR 127/24

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