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Urlaub, Krankheit oder das endgültige Ausscheiden eines Betriebsratsmitglieds – es gibt viele Gründe, warum Ersatzmitglieder kurzfristig einspringen müssen. Doch Vorsicht: Wer nachrückt, steht nicht einfach nur mit am Tisch, sondern ist in vollem Umfang Teil des Gremiums – mit allen Rechten und Pflichten.
Dazu gehört nicht nur die Teilnahme an Sitzungen und Abstimmungen, sondern auch das Recht auf Schulungen und ein besonderer Kündigungsschutz. Umso wichtiger ist es, dass bei der Einladung zur Sitzung alles korrekt läuft – denn wenn das falsche Ersatzmitglied geladen wird, kann das ganze Verfahren ungültig sein.
Wann ein Ersatzmitglied rechtlich „dran“ ist, wie sich Rechte und Pflichten genau gestalten – und was Sie bei Nachrücken, Schulungen und Kündigungsschutz beachten müssen, erfahren Sie hier:
Ersatzmitglieder im Betriebsrat
Alle Kandidatinnen und Kandidaten, die sich zur Wahl gestellt haben, aber keinen Betriebsratssitz erhalten konnten, sind Ersatzmitglieder. Wenn während ihrer Amtszeit Mitglieder den Betriebsrat verlassen (müssen) und dann keine Ersatzmitglieder mehr zur Verfügung stehen, ist er nach § 13 Abs. 2 Nr. 2 BetrVG verpflichtet, eine Neuwahl einzuleiten. Es ist rechtlich nicht möglich, innerhalb der Wahlperiode im Betrieb Mitarbeiter anzuwerben, um sie als Ersatzmitglieder einzusetzen.
Wann ist ein Ersatzmitglied „im Amt“, also zu laden?
Im Falle einer vorübergehenden Verhinderung eines ordentlichen Betriebsratsmitglieds (z. B. aufgrund von Urlaub oder Krankheit) nimmt das Ersatzmitglied für die Dauer der Verhinderung dessen Aufgaben wahr. Es übernimmt jedoch nicht die Stellung bzw. Aufgaben des verhinderten ordentlichen Betriebsratsmitglieds (z. B. Freistellung, Schriftführung usw.).
Scheidet ein ordentliches Mitglied des Betriebsrats dauerhaft aus, rückt das Ersatzmitglied gemäß § 25 Abs. 1 Satz 1 BetrVG für den Rest der Amtszeit des Betriebsrats als ordentliches Mitglied nach.
Der Eintritt des Ersatzmitglieds in den Betriebsrat erfolgt automatisch mit Beginn des Verhinderungsfalls.
Beispiel:
Die Arbeitszeit eines ordentlichen Betriebsratsmitglieds beginnt in der Regel um 8 Uhr. Das Betriebsratsmitglied ist jedoch seit Dienstag, dem 4.02.25, von seinem Arzt für arbeitsunfähig erklärt worden. Das Ersatzmitglied rückt am Dienstag, dem 4. Februar 2025 um 8 Uhr in den Betriebsrat nach.
Ein ordentliches Betriebsratsmitglied, das aufgrund einer zeitweiligen Verhinderung nicht an einer Betriebsratssitzung teilnehmen kann, ist verpflichtet, dies unverzüglich dem Betriebsratsvorsitzenden unter Angabe des Verhinderungsgrundes mitzuteilen (§ 29 Abs. 2 Satz 5 BetrVG). Der Betriebsratsvorsitzende hat anschließend ein Ersatzmitglied einzuladen. Die Vertretung eines verhinderten Betriebsratsmitglieds durch das Ersatzmitglied umfasst nicht nur die Teilnahme an Betriebsratssitzungen. Es nimmt für die Dauer der Stellvertretung alle übrigen anfallenden Betriebsratsaufgaben wahr (BAG, Urteil vom 8. September 2011, Az. 2 AZR 388/10). Dabei ist entscheidend, dass es sich um das gemäß § 25 Abs. 2 BetrVG bestimmte richtige Ersatzmitglied handelt. Diese Vorgabe ist zwingend zu befolgen. Ein Verstoß gegen diese Bestimmung führt zur Unwirksamkeit eines Betriebsratsbeschlusses. Die Reihenfolge des Nachrückens von Ersatzmitgliedern richtet sich gemäß § 25 Absatz 2 BetrVG nach dem bei der Betriebswahl angewendeten Wahlverfahren.
Bei einer verspäteten oder unterbliebenen Mitteilung des Verhinderungsfalls kann und muss die Ladung sehr kurzfristig erfolgen.
Was ist eine zeitweilige Verhinderung?
Eine solche liegt vor, wenn ein Betriebsratsmitglied aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen vorübergehend daran gehindert ist, sein Betriebsratsamt auszuüben. Die Dauer der Verhinderung spielt dabei keine Rolle. Ein Verhinderungsfall liegt auch dann vor, wenn ein Betriebsratsmitglied nicht an der gesamten Betriebsratssitzung teilnehmen kann. In diesem Fall ist für die Dauer der Verhinderung ebenfalls ein Ersatzmitglied einzuladen.
Betriebsbedingte Gründe können grundsätzlich keinen Verhinderungsfall begründen. Die Erfüllung von Betriebsratsaufgaben hat Vorrang vor den Aufgaben aus dem Arbeitsvertrag. Störungen des Betriebsablaufs, die durch die Teilnahme an einer Betriebsratssitzung bedingt sind, stellen keinen Verhinderungsgrund im Sinne von § 25 Abs. 1 Satz 2 BetrVG dar.
Nach Ansicht des BAG kommt ein Verhinderungsfall aus betriebsbedingten Gründen nur in absoluten Ausnahmefällen in Betracht. Einerseits muss ein dringendes betriebliches Bedürfnis an der Arbeitsleistung eines Betriebsratsmitglieds bestehen. Andererseits dürfen in einer anstehenden Betriebsratssitzung keine wichtigen Fragen behandelt werden, die die Teilnahme dieses Betriebsratsmitglieds erfordern (BAG, Urteil vom 11. Juni 1997, Az. 7 AZR 229/96).
Gemäß § 37 Abs. 2 BetrVG hat ein Betriebsratsmitglied zu prüfen, ob die Wahrnehmung einer Betriebsratsaufgabe erforderlich ist. Dabei geht es nicht nur um die Notwendigkeit der Betriebsratsarbeit, sondern auch darum, ob diese eine Verhinderung der beruflichen Tätigkeit zu einem bestimmten Zeitpunkt erfordert. Es ist zwingend erforderlich, die Dringlichkeit der beruflichen Tätigkeit und der Verrichtung von Betriebsratsarbeit gegeneinander abzuwägen. Unter Umständen können betriebsbedingte Gründe eine zeitliche Verlegung der Betriebsratsarbeit oder die Ladung eines Ersatzmitglieds bei einer anstehenden Betriebsratssitzung erforderlich machen.
Ein Betriebsratsmitglied ist nicht frei in seiner Entscheidung, an einer Betriebsratssitzung teilzunehmen oder dies zu verweigern. Das Bundesarbeitsgericht wertet ein solches Verhalten als Pflichtverletzung, die zum Ausschluss aus dem Betriebsrat führen kann (BAG v. 23.06.2010 – 7 ABR 103/08).
Ein Betriebsratsmitglied, das aufgrund von Abwesenheit (z. B. Urlaub, Elternzeit oder krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit) verhindert ist, kann dennoch an der Sitzung teilnehmen, sofern es den Betriebsratsvorsitzenden, der die Sitzung einberuft, hiervon in Kenntnis setzt. In diesem Fall muss die Einladung des Ersatzmitglieds unterbleiben bzw. rückgängig gemacht werden. Solange diese Mitteilung nicht erfolgt, bleibt das „automatisch” mit Beginn des Verhinderungsfalls nachrückende Ersatzmitglied im Amt.
Ist ein Betriebsratsmitglied individuell und unmittelbar von Entscheidungen des Betriebsrats betroffen, liegt ein zwingender Verhinderungsfall aus rechtlichen Gründen vor. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn es um seine persönliche Rechtsstellung als Arbeitnehmer geht.
Beispiele:
- Ein Betriebsratsmitglied darf nicht an einer Beschlussfassung des Betriebsrats teilnehmen, die seine Ein- oder Umgruppierung betrifft. Auch an der vorangegangenen Beratung darf es nicht teilnehmen.
- Eine Verhinderung aus rechtlichen Gründen liegt auch bei einer Beratung und Beschlussfassung des Betriebsrats über einen Antrag an das Arbeitsgericht nach § 23 Abs. 1 Satz 2 BetrVG auf Ausschluss des betreffenden Mitglieds aus dem Betriebsrat vor.
Gleiches gilt im Falle eines Antrags des Arbeitgebers nach § 103 BetrVG auf Zustimmung zu einer außerordentlichen Kündigung oder einer mit Amtsverlust verbundenen Versetzung des betreffenden Betriebsratsmitglieds.
Kein Verhinderungsfall aus rechtlichen Gründen liegt hingegen vor, wenn der Betriebsrat über betriebsorganisatorische Fragen bezüglich der Funktion und Aufgabe einzelner Mitglieder entscheidet (z. B. Freistellung nach § 38 BetrVG, Teilnahme an Seminaren, Bestimmung der Mitglieder des Wirtschaftsausschusses usw.).
Teilnahme von Ersatzmitgliedern an Betriebsratssitzungen, wenn kein Verhinderungsfall vorliegt
Nach überwiegender Ansicht ist ein Ersatzmitglied wegen des Grundsatzes der Nichtöffentlichkeit (§ 30 Abs. 4 BetrVG) nicht berechtigt, an Betriebsratssitzungen teilzunehmen, wenn kein Verhinderungsfall vorliegt.
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat hierzu entschieden, dass die zeitweise Anwesenheit von nicht zur Beschlussfassung berufenen Ersatzmitgliedern in einer Betriebsratssitzung zwar einen Verstoß gegen das Gebot der Nichtöffentlichkeit von Betriebsratssitzungen darstellt, dieser Verstoß aber nicht zur Unwirksamkeit der in dieser Zeit gefassten Betriebsratsbeschlüsse führt, sofern keines der Betriebsratsmitglieder der Anwesenheit widersprochen hat (BAG, Urteil vom 30.09.2014, Az. 32 ABR 32/13).
Das richtige Ersatzmitglied
Welche Person als Ersatzmitglied nachrückt, ist eindeutig festgelegt. Grundlage ist das Wahlverfahren der Betriebsratswahl. Dabei ist auch die Geschlechterquote gemäß § 15 Abs. 2 BetrVG zu berücksichtigen. Das richtige Ersatzmitglied ist einzuladen.
Verhältniswahl (Listenwahl): Die Ersatzmitglieder sind der Reihe nach den nicht gewählten Arbeitnehmern derjenigen Vorschlagsliste zu entnehmen, welcher das zu ersetzende Mitglied angehört. Ist eine Vorschlagsliste erschöpft, ist das Ersatzmitglied gemäß der Vorschrift in § 15 Abs. 3 der Wahlordnung derjenigen Vorschlagsliste zu entnehmen, auf die nach den Grundsätzen der Verhältniswahl der nächste Sitz entfallen würde.
Gehört das fehlende Betriebsratsmitglied dem Geschlecht in der Minderheit an, muss geprüft werden, ob das Geschlecht in der Minderheit noch ausreichend in der Sitzung vertreten ist. Ist das nicht der Fall, wird statt des ersten Ersatzmitglieds dieser Liste das erste Ersatzmitglied des Geschlechts in der Minderheit eingeladen.
Bei der Mehrheitswahl (Personenwahl) gilt: Wenn das ausgeschiedene oder verhinderte Mitglied nach den Grundsätzen der Mehrheitswahl gewählt wurde, bestimmt sich die Reihenfolge der Ersatzmitglieder nach der Höhe der erreichten Stimmenzahlen.
Auch hier muss geprüft werden, ob das Geschlecht in der Minderheit ausreichend vertreten ist. Wenn das nicht der Fall ist, ist hier das Ersatzmitglied des Geschlechts in der Minderheit mit der höchsten Stimmenzahl zu laden.
Einladung des Ersatzmitglieds
Immer, wenn ein ordentliches Betriebsratsmitglied verhindert ist, muss ein Ersatzmitglied geladen werden. Nur so kann in der Betriebsratssitzung ein rechtssicherer Beschluss gefasst werden.
Dies gilt jedoch nicht, wenn der einladende Betriebsratsvorsitzende keine Kenntnis von der Verhinderung hatte oder wenn die Verhinderung eines ordentlichen Betriebsratsmitglieds so plötzlich eingetreten ist, dass eine Einladung des Ersatzmitglieds nicht mehr möglich war. In dem Fall sollte der Versuch, ein Ersatzmitglied zu laden, dokumentiert werden.
Ein Betriebsratsbeschluss kann auch dann unwirksam werden, wenn kein Verhinderungsfall vorgelegen hat, aber dennoch ein Ersatzmitglied geladen wurde, das an der Beschlussfassung teilgenommen hat. Dies hat allerdings keine Auswirkungen, wenn sich die Teilnahme des Ersatzmitglieds an der Beschlussfassung nicht auf das Abstimmungsergebnis ausgewirkt hat (BAG v. 6.12.2006 – 7 ABR 62/05).
Beispiel:
- In einer Betriebsratssitzung wird ein einstimmiger Beschluss gefasst.
- Ein Betriebsrat mit 11 Mitgliedern fasst einen Mehrheitsbeschluss (9 Mitglieder stimmen für den Beschlussantrag, 3 Mitglieder stimmen dagegen).
In beiden Fällen wirkt sich die Teilnahme eines zu Unrecht geladenen Ersatzmitglieds an der Beschlussfassung auf das Ergebnis nicht aus.
Gegenbeispiel:
Ein Betriebsrat mit 11 Mitgliedern fasst einen Mehrheitsbeschluss mit 6 Ja- und 5 Nein-Stimmen. Wenn das zu Unrecht geladene Ersatzmitglied für den Beschlussantrag gestimmt hat, wirkt sich seine Teilnahme an der Beschlussfassung auf das Abstimmungsergebnis aus. Denn nur mit seiner Stimme wurde die Mehrheit von 6 Stimmen erreicht. Der Beschluss ist somit unwirksam. Ohne die Stimme des zu Unrecht teilnehmenden Ersatzmitglieds hätte es bei einer Stimmengleichheit von 5:5 eine Ablehnung des Beschlussantrags gegeben.
Ebenso unwirksam ist ein Betriebsratsbeschluss, wenn ein falsches Ersatzmitglied eingeladen wurde und an der Beschlussfassung teilgenommen hat.
Die unberechtigte Teilnahme eines Ersatzmitglieds verletzt aber auch das Prinzip der Nichtöffentlichkeit aus § 30 BetrVG. Das soll gewährleisten, dass die Beschlussfassungen frei von Einflüssen Dritter bleiben. Ein unter diesen Umständen gefasster Beschluss ist aber erst dann unwirksam, wenn ein Betriebsratsmitglied die Anwesenheit beanstandet, das Ersatzmitglied aber trotzdem anwesend bleibt.
Kündigungsschutz von Ersatzmitgliedern
Ersatzmitglieder genießen zunächst gemäß § 15 Abs. 3 Satz 2 KSchG den nachwirkenden Kündigungsschutz als Wahlbewerber: eine ordentliche Kündigung ist bis zu einem halben Jahr nach Bekanntgabe des Wahlergebnisses unzulässig, nur eine außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund wäre zulässig.
Erst, wenn das Betriebsratsmitglied wirksam verhindert ist (mit dem ersten Tag der Verhinderung), genießt das Ersatzmitglied den besonderen Kündigungsschutz des § 103 BetrVG. Dieser legt fest, dass die außerordentliche Kündigung die Zustimmung des Betriebsrats erfordert. Verweigert dieser mehrheitlich die Zustimmung, kann der Arbeitgeber versuchen, sich die fehlende Zustimmung am Arbeitsgericht ersetzen zu lassen. Der Kündigungsschutz des Ersatzmitglieds nach § 15 Absatz 1 Satz 1 KSchG hängt nicht davon ab, dass es während der Vertretungszeit tatsächlich Betriebsratsaufgaben erledigt (BAG, Urteil vom 8. September 2011, Az. 2 AZR 388/10).
Beispiel:
Gemäß den im Betrieb geltenden Arbeitszeitregelungen hätte das aufgrund von Urlaub oder Krankheit verhinderte Betriebsratsmitglied seine Arbeit um 06:00 Uhr aufgenommen. Die Kernarbeitszeit beginnt um 08:00 Uhr. Wird dem um 06:00 Uhr – automatisch – nachgerückten Ersatzmitglied z. B. um 07:30 Uhr eine ordentliche Kündigung ausgehändigt, ist diese gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 KSchG unwirksam. Gleiches gilt im Falle einer um 08:00 Uhr übergebenen außerordentlichen Kündigung, sofern keine Zustimmung des Betriebsrats gemäß § 103 Absatz 1 BetrVG vorliegt.
Der nachwirkende Kündigungsschutz
Mit dem Ende des Vertretungsfalls tritt für die Dauer eines Jahres der nachwirkende Kündigungsschutz nach § 15 Abs. 1 Satz 2 KSchG ein. Das bedeutet, dass eine ordentliche Kündigung in diesem Fall nicht möglich ist. Anders als der Kündigungsschutz für die Zeit der Vertretung tritt der nachwirkende Schutz nur ein, wenn während der Vertretung tatsächlich Betriebsratsaufgaben erledigt wurden.
Eine außerordentliche Kündigung bedarf jedoch nicht der Zustimmung des Betriebsrates bzw. der arbeitsgerichtlichen Zustimmungsersetzung. Für den nachwirkenden Kündigungsschutz nach § 15 Abs. 1 Satz 2 KSchG, findet § 103 BetrVG keine Anwendung.
Der nachwirkende Kündigungsschutz für vorübergehend tätige Ersatzmitglieder beruht darauf, dass sie während der Vertretungszeit vollwertige Mitglieder des Betriebsrats sind bzw. werden. Auch bei nur kurzer Vertretungstätigkeit können sie in Konflikte mit dem Arbeitgeber geraten. Daher gilt auch für sie, dass sie um den Bestand ihrer Arbeitsverhältnisse nicht fürchten müssen, zumindest nicht durch eine ordentliche Kündigung (BAG, Urteil vom 18.05.2006, Az. 6 AZR 627/05). Andernfalls kann das Ersatzmitglied seine Vertretung nicht unbefangen wahrnehmen.
Der nachwirkende Kündigungsschutz beginnt nach Beendigung der Vertretung im Betriebsrat und beträgt unabhängig von der Dauer der Vertretung ein Jahr. Diese Frist beginnt bei jeder weiteren Vertretung erneut zu laufen.
Schulungsanspruch für Ersatzmitglieder
Ordentliche Mitglieder des Betriebsrats haben einen klaren Anspruch auf den Besuch von Grundlagenschulungen – ohne weitere Begründung (§ 37 Abs. 6 BetrVG).
Für Ersatzmitglieder gilt das nicht uneingeschränkt: Ein genereller Schulungsanspruch besteht nicht. Sie haben nur dann Anspruch auf eine Grundlagenschulung, wenn absehbar ist, dass sie voraussichtlich häufiger oder über längere Zeiträume im Gremium mitwirken werden. Der Betriebsrat muss in diesem Fall eine Prognose über den Einsatz des Ersatzmitglieds erstellen und die Erforderlichkeit der Schulung begründen.
Die bloße Möglichkeit einzelner Vertretungseinsätze, etwa wegen Urlaubs oder Krankheit ordentlicher Mitglieder, reicht dafür nicht aus.
Laut der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts haben Ersatzmitglieder einen Anspruch auf Schulungen, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind:
- Es liegt eine vorausgegangene oder fortlaufende Einbindung des Ersatzmitglieds in die Tätigkeit des Gremiums vor.
- Alle anderen Maßnahmen des Betriebsrats, die die Arbeitsfähigkeit des Gremiums sicherstellen sollen (beispielsweise die Neuorganisation der Sitzungen), erweisen sich als erfolglos.
- Es ist keine andere Person mit der notwendigen Sach- und Fachkompetenz verfügbar, die das Betriebsratsmitglied vertreten könnte.
- Der Betriebsrat erstellt eine verlässliche Prognose bezüglich des häufigen und lang andauernden Fehlens des Betriebsratsmitgliedes sowie über die Dauer der Vertretungstätigkeit.
Übernahme von Schulungskosten
Die Übernahme der Schulungskosten für Ersatzmitglieder des Betriebsrats ist ein sensibles Thema. Dem Betriebsrat steht ein gewisser Beurteilungsspielraum zu, wenn es darum geht, den voraussichtlichen Umfang und die Häufigkeit des Einsatzes eines Ersatzmitglieds einzuschätzen.
Die Bedeutung für die Beschlussfassung
Unabhängig vom Thema beginnt jeder wirksame Beschluss des Betriebsrats mit einer ordnungsgemäßen Einladung zur Sitzung. Dabei kommt den Ersatzmitgliedern eine zentrale Rolle zu: Sie müssen rechtzeitig und korrekt geladen werden, wenn ein ordentliches Mitglied verhindert ist – andernfalls ist der gesamte Beschluss anfechtbar.
Denn: Damit ein Beschluss als ordnungsgemäß betrachtet werden kann, müssen drei Voraussetzungen erfüllt sein: Der Betriebsrat muss beschlussfähig sein, die Ladung muss korrekt erfolgt sein und es muss eine gemeinsame Willensbildung stattgefunden haben.
Formfehler bei der Beschlussfassung können die Wirksamkeit von Betriebsratsbeschlüssen erheblich beeinträchtigen. In der Praxis ist es daher nicht unüblich, dass Arbeitgeber im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren die ordnungsgemäße Beschlussfassung des Betriebsrats akribisch prüfen und gegebenenfalls angreifen. In solchen Verfahren tritt der eigentliche Streitinhalt häufig in den Hintergrund, denn zunächst steht allein die formale Ordnungsmäßigkeit der Betriebsratssitzung und der gefassten Beschlüsse im Fokus.
Nicht selten scheitert ein grundsätzlich berechtigter Antrag des Betriebsrats allein an einem Verfahrensfehler, etwa weil die Beschlussfassung nicht ordnungsgemäß vorbereitet oder durchgeführt wurde.
Ein häufiger Fehler ist die fehlerhafte oder unterlassene Ladung von Ersatzmitgliedern. Daher ist es zwingend erforderlich, alle ordentlichen Mitglieder – sowie im Verhinderungsfall die entsprechenden Ersatzmitglieder – unter Mitteilung der Tagesordnung ordnungsgemäß zur Sitzung zu laden.
Diese Pflicht obliegt grundsätzlich dem Betriebsratsvorsitzenden. Ist dieser verhindert, übernimmt der Stellvertreter die Aufgabe (§ 29 Abs. 2 BetrVG).
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