Immer mehr Unternehmen setzen auf digitale Personalverwaltung. Doch dürfen Arbeitgeber die Gehaltsabrechnungen nur noch elektronisch zur Verfügung stellen? Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat hierzu eine richtungsweisende Entscheidung getroffen.
Der Fall: Streit um die digitale Bereitstellung von Gehaltsabrechnungen
Eine Verkäuferin klagte gegen ihren Arbeitgeber, nachdem dieser beschlossen hatte, Gehaltsabrechnungen nur noch über ein digitales Mitarbeiterpostfach bereitzustellen. Grundlage war eine Konzernbetriebsvereinbarung, die eine ausschließlich elektronische Bereitstellung von Entgeltabrechnungen vorsah. Mitarbeiter, die keinen privaten Zugang zu dem Portal hatten, konnten die Dokumente im Betrieb einsehen und ausdrucken. Die Klägerin forderte jedoch weiterhin eine Gehaltsabrechnung in Papierform.
Das Landesarbeitsgericht gab der Klägerin zunächst recht. Es argumentierte, dass die elektronische Bereitstellung im Mitarbeiterpostfach keine ordnungsgemäße Zustellung darstelle, da das Postfach nur dann eine offizielle Empfangsvorrichtung sei, wenn der Arbeitnehmer es aktiv für den Rechtsverkehr bestimmt habe.
Die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts: Elektronische Bereitstellung erfüllt die Textform
Das Bundesarbeitsgericht hob dieses Urteil auf und entschied zugunsten des Arbeitgebers. Laut BAG erfüllt das digitale Mitarbeiterpostfach die Anforderungen der Gewerbeordnung (§ 108 Abs. 1 GewO), sofern die Abrechnung dort in Textform hinterlegt wird.
Zudem stellte das Gericht klar, dass es sich bei der Gehaltsabrechnung um eine sogenannte "Holschuld" handelt. Das bedeutet, dass der Arbeitgeber die Abrechnung lediglich an einer elektronischen Ausgabestelle bereitstellen muss, ohne für den tatsächlichen Abruf durch den Arbeitnehmer verantwortlich zu sein.
Das Gericht stellte jedoch auch fest, dass die Umsetzung der digitalen Gehaltsabrechnungen nicht unverhältnismäßig in die Rechte der Arbeitnehmer eingreifen darf. Für Arbeitnehmer ohne digitalen Zugang müsse eine angemessene Alternative zur Verfügung stehen.
Eine abschließende Entscheidung konnte jedoch nicht getroffen werden, da noch geprüft werden muss, ob der Konzernbetriebsrat für die Einführung des digitalen Postfachs zuständig war.
Quelle: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 28.01.2025, 9 AZR 48/24
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