Wenn am Arbeitsplatz persönliche Gegenstände, wie eine Geldbörse oder Wertsachen, aus der Handtasche oder einem Spind gestohlen werden, stellt sich die Frage, wer haftet bei Diebstahl am Arbeitsplatz. Der rechtliche Rahmen gibt klare Vorgaben zur Fürsorgepflicht des Arbeitgebers/der Arbeitgeberin, aber auch zum Selbstschutz der Beschäftigten.
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Diebstahl am Arbeitsplatz – wer haftet?

Was gilt, wenn persönliche Dinge am Arbeitsplatz gestohlen werden? Wer haftet?

Wenn am Arbeitsplatz persönliche Gegenstände, wie eine Geldbörse oder Wertsachen, aus der Handtasche oder einem Spind gestohlen werden, stellt sich die Frage, wer haftet bei Diebstahl am Arbeitsplatz. Der rechtliche Rahmen gibt klare Vorgaben zur Fürsorgepflicht des Arbeitgebers/der Arbeitgeberin, aber auch zum Selbstschutz der Beschäftigten.

Haftung und Fürsorgepflicht – welche gesetzlichen Regelungen bei Diebstahl am Arbeitsplatz gibt es?


Grundsätzlich ergibt sich aus dem Arbeitsverhältnis eine Fürsorgepflicht des Arbeitgebers/der Arbeitgeberin (vgl. § 611a BGB). Diese Pflicht umfasst auch den Schutz von persönlichen Gegenständen, die berechtigterweise in den Betrieb eingebracht werden, wie z. B. Arbeitskleidung, angemessene Geldbeträge oder notwendige persönliche Dokumente.

Wird diese Pflicht verletzt, können Beschäftigte im Fall von Verlusten oder Diebstählen unter Umständen Schadensersatz geltend machen.

Laut § 241 Abs. 2 BGB ergeben sich aus einem Schuldverhältnis, wie z. B. einem Arbeitsvertrag, Nebenpflichten, die über die reine Arbeitsleistung hinausgehen. Dazu gehört auch die Verpflichtung des Arbeitgebers/der Arbeitgeberin, das Eigentum der Beschäftigten zu schützen. Sollte diese Nebenpflicht verletzt werden, kann der Arbeitgeber/die Arbeitgeberin im Falle eines Diebstahls oder Schadens an den eingebrachten Sachen unter Umständen schadensersatzpflichtig sein.

WICHTIGER HINWEIS: Die Pflicht, für sichere Verwahrungsmöglichkeiten zu sorgen, kann nicht vertraglich ausgeschlossen werden.

Was sind „berechtigterweise“ eingebrachte Gegenstände und wie müssen diese vor Diebstahl geschützt werden?


Es wird zwischen verschiedenen Sachgütern unterschieden, die Beschäftige mit an den Arbeitsplatz bringen. Diese werden in drei Gruppen eingeteilt:

  1. Unentbehrliche persönliche Sachen: Dazu zählen z. B. Arbeitskleidung, Geld, Ausweis oder Fahrkarten. Diese Dinge sind häufig notwendig, um die Arbeit überhaupt aufnehmen zu können.
    • Verantwortung des Arbeitgebers/der Arbeitgeberin: Für diese Gegenstände müssen angemessene Verwahrungsmöglichkeiten, wie abschließbare Spinde, zur Verfügung gestellt werden. Wird dies nicht gewährleistet, kann der Arbeitgeber/die Arbeitgeberin haftbar gemacht werden.
  2. Arbeitsdienliche, aber nicht notwendige Sachen: Darunter fallen z. B. eigene Werkzeuge oder Fachbücher, die nicht unbedingt erforderlich, aber hilfreich für die Arbeit sind.
    • Eingeschränkte Haftung: In diesem Fall besteht ebenfalls eine gewisse Verantwortung, jedoch nur, wenn der Gebrauch der Gegenstände für die Beschäftigten erforderlich und für den Arbeitgeber/die Arbeitgeberin zumutbar ist.
  3. Private Gegenstände ohne Arbeitsbezug: Dazu gehören z. B. Schmuck, Unterhaltungselektronik oder Kameras, die keinen Bezug zur Arbeit haben.
    • Keine Haftung: Für solche Dinge tragen Beschäftigte selbst die Verantwortung. Es wird empfohlen, solche Wertgegenstände nicht ohne gesonderte Absicherung mit zur Arbeit zu bringen.
    • Ausnahme hierbei könnte lediglich ein privater Gegenstand sein, von dessen Mitführung der Arbeitgeber/die Arbeitgeberin Kenntnis hat und die Zustimmung erteilte. So zum Beispiel die private Soundanlage, welche für die Betriebsfeier zur Verfügung gestellt wird – diese wäre bei Verlust oder Beschädigung ebenfalls durch die Haftung des Arbeitgebers/der Arbeitgeberin geschützt.

Videoüberwachung am Arbeitsplatz um Diebstahl zu vermeiden – erlaubt oder nicht?


Eine häufige Frage ist, ob der Arbeitgeber/die Arbeitgeberin Videoüberwachung einsetzen darf, um Diebstahl vorzubeugen oder persönliche Gegenstände zu schützen. Hierbei greifen die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) und das Bundesdatenschutzgesetz (BDSG), welche den Schutz der Persönlichkeitsrechte und der Privatsphäre von Beschäftigten regeln.

  1. Videoüberwachung und Persönlichkeitsrecht:
    Die Installation von Kameras am Arbeitsplatz ist nur unter strengen Voraussetzungen erlaubt. Der Arbeitgeber/die Arbeitgeberin muss die Interessenabwägung zwischen dem Schutz des Eigentums und dem Persönlichkeitsrecht der Beschäftigten vornehmen. Besonders in sensiblen Bereichen, wie Umkleiden, Toiletten oder Pausenräumen, ist eine Überwachung grundsätzlich unzulässig, da hier das Recht auf Schutz der Intimsphäre gilt.
  2. Berechtigtes Interesse und Transparenz:
    Wenn Videoüberwachung aus berechtigtem Interesse, wie dem Schutz vor Diebstahl, erfolgt, muss dies transparent gemacht werden. Das bedeutet, dass die Beschäftigten über die Überwachungsmaßnahmen informiert werden müssen. Zudem ist die Überwachung auf das nötigste Maß zu beschränken.
  3. Datenschutz und Löschung der Aufnahmen:
    Die Aufnahmen dürfen nur so lange gespeichert werden, wie sie für den Zweck notwendig sind, z. B. zur Aufklärung eines Vorfalls. Eine permanente Speicherung oder verdeckte Überwachung ist in der Regel unzulässig.
  4. Zustimmung durch den Betriebsrat:
    Wenn Videoüberwachung in Betracht gezogen wird, muss der Betriebsrat gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 6 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) beteiligt werden, um die Wahrung der Persönlichkeitsrechte der Beschäftigten sicherzustellen.

Präventive Maßnahmen für Beschäftigte - Diebstahl verhindern


Was können Beschäftigte tun, um im Falle eines Diebstahls abgesichert zu sein?

  1. Hausratversicherung:
    Beschäftigte sollten prüfen, ob persönliche Gegenstände am Arbeitsplatz durch die eigene Hausratversicherung abgedeckt sind. Oft bietet die sogenannte Außenversicherung Schutz bei Verlusten außerhalb der Wohnung, etwa am Arbeitsplatz.
  2. Sicherheitsmaßnahmen einfordern:
    Beschäftigte haben das Recht, vom Arbeitgeber/der Arbeitgeberin angemessene Sicherheitsvorkehrungen zu verlangen. Werden keine Spinde oder abschließbaren Schränke bereitgestellt, sollte dies schriftlich gemeldet werden.
  3. Der Betriebsrat als Unterstützer:
    Der Betriebsrat ist nicht nur Ansprechpartner bei rechtlichen Fragen, sondern kann auch präventiv tätig werden. Er kann den Arbeitgeber/die Arbeitgeberin auffordern, zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen zu ergreifen, wenn Diebstähle wiederholt auftreten.

Handlungsaufforderung für Beschäftigte bei Diebstahl am Arbeitsplatz


Wenn Beschäftigte Opfer eines Diebstahls am Arbeitsplatz werden oder einen Diebstahl beobachten, sollten sie folgende Schritte unternehmen:

  1. Den Vorfall umgehend melden:

Beschäftigte sollten den Diebstahl sofort ihrem Vorgesetzten/ihrer Vorgesetzten oder der Personalabteilung melden. Es ist wichtig, den Diebstahl so früh wie möglich anzuzeigen, damit entsprechende Maßnahmen ergriffen werden können.

  1. Den Betriebsrat informieren:

Der Betriebsrat ist eine wichtige Anlaufstelle, wenn es um Rechte der Beschäftigten geht. Der Betriebsrat kann dabei unterstützen, den Diebstahl zu melden, rechtliche Schritte einzuleiten und die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers/der Arbeitgeberin durchzusetzen. In Fällen von unklarer Haftung oder rechtlichen Fragen kann der Betriebsrat zudem helfen, Ansprüche geltend zu machen.

  1. Polizei einschalten:

Wenn es sich um einen erheblichen Diebstahl handelt, sollten Beschäftigte nicht zögern, die Polizei einzuschalten. Ein polizeiliches Protokoll kann auch wichtig sein, um Ansprüche gegenüber Versicherungen oder dem Arbeitgeber/der Arbeitgeberin geltend zu machen.

  1. Dokumentation des Vorfalls:

Alle Details zum Diebstahl (Zeitpunkt, Ort, mögliche Zeugen, Wert der gestohlenen Gegenstände) sollten genau dokumentiert werden. Diese Informationen sind hilfreich, um den Vorfall vollständig aufzuklären.

  1. Hausratversicherung kontaktieren:

Es ist ratsam, die eigene Hausratversicherung zu prüfen, ob der Diebstahl durch die sogenannte Außenversicherung abgedeckt ist. Versicherungen können bei Verlusten außerhalb der Wohnung, wie am Arbeitsplatz, Unterstützung bieten.

 

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Stand der Informationen: Oktober 2024

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