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Vorsicht Kamera! Fristlose Kündigung nach Foto beim Toilettengang

Der Einblick in die nebenliegende Kabine der Herrentoilette stellt in der Regel keinen Grund dar, der ohne vorherige Abmahnung den Ausspruch einer Kündigung rechtfertigt!

Der Fall: Handyfoto auf dem Klo


Ein Profi-Fußballspieler war fristlos gekündigt worden, nachdem er auf der Herrentoilette mit dem Handy ein Foto seines Cheftrainers in der Nebenkabine aufgenommen hatte. Zur Erklärung dieses Vorfalls gab der Kläger an, er habe dieses Foto aus einem Schreck heraus geschossen und dann sofort gelöscht. Doch wie kam es überhaupt dazu?

Der Kläger, Profifußballspieler der 3. Liga (mit befristetem Arbeitsvertrag ohne konkrete Klausel über eine zulässige ordentliche Kündigung während Vertragslaufzeit) befand sich auf der Herrentoilette eines Hotels und hörte, wie jemand die Nebenkabine betrat. Er nahm an, es sei ein Spielerkollege. Um mit diesem etwas zu besprechen und keine Interna auszuplaudern, wollte er sich mittels Handykamera rückversichern und in die Nachbarkabine sehen. Als dies der Cheftrainer, welcher sich in der Nachbarkabine aufhielt, lautstark bemerkte, löste sich aus dem Schreck heraus die Kamerafunktion und es wurde ein Foto geschossen. Der Kläger entschuldigte sich daraufhin und löschte das Foto.

Nach diesem Vorfall setzte der Cheftrainer den Spieler weiterhin ein, informierte aber 18 Tage später ein Mitglied des Vereinsvorstandes über das Geschehen. Daraufhin sprach der Verein, als Arbeitgeber, sieben Tage später eine fristlose Kündigung aus. Als Begründung wurde angeführt, dass der Kläger absichtlich ein Foto seines Trainers auf der Toilette angefertigt habe und hierbei den Straftatbestand des § 201a StGB (Verletzung des Höchstpersönlichen Lebensbereiches durch Bildaufnahmen) erfüllt.

Die Entscheidung: Kündigung ist unwirksam


Das Arbeitsgericht erklärte die Kündigung für unwirksam. Ebenso sah es auch das LArbG Saarbrücken und argumentierte wie folgt: Das Gericht hatte ein Sachverständigengutachten eingeholt, welches zu dem Schluss kam, dass ein Auslösen der Kamerafunktion in der geschilderten Situation jedenfalls möglich war. Zwar hatte der Verein die Zweiwochenfrist des § 626 BGB eingehalten, da der Cheftrainer an sich nicht kündigungsberechtigt wäre und auch keine derart herausgehobene Stellung Inne habe, dass seine Kenntnisse dem Vorstand zugerechnet werden könnten, die Kündigung aber dennoch unwirksam sei, da es keinen wichtigen Grund i.S.d. § 626 BGB gebe. Auch sei der Straftatbestand des § 201a StGB nicht verwirklicht, da vorsätzliches Handeln des Klägers in Bezug auf das Foto nicht bewiesen sei. Die Verwendung des Handys zum bloßen Einblick in die Nachbarkabine sei nicht nach dieser Vorschrift strafbar.  Des Weiteren wäre eine vorherige Abmahnung notwendig gewesen. Außerdem gab es keinen Hinweis darauf, dass in den nachfolgenden Wochen dieser Vorfall erhebliche Auswirkungen auf das Verhältnis zwischen Cheftrainer und dem Kläger gehabt hätte.

Zwar befand das Gericht, dass das Verhalten des Klägers eine Missachtung des Persönlichkeitsrechts sei, es sei jedoch nicht erkennbar, dass sich dieses durch eine Abmahnung nicht unterbinden ließe. Eine Umdeutung der fristlosen Kündigung in eine ordentliche verhaltensbedingte Kündigung kam ebenfalls nicht in Betracht, da es hierfür nach § 15 TzBfG eine Vereinbarung gebraucht hätte, die die ordentliche Kündigung des befristeten Arbeitsverhältnisses zulässt. Außerdem fehlte auch hier eine vorherige Abmahnung.

 

Quelle: LArbG Saarbrücken, Urteil vom 04.05.2016 2 Sa 10/15